Pro-iranische Hisbollah-Kämpfer marschieren bei einer Feier zum Internationalen Tag von Al-Kuds
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Der Iran und sein Netzwerk an Verbündeten

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"Feuerring": Der Iran und sein Netzwerk an Verbündeten

Der Iran hat in mehreren arabischen Ländern ein Netzwerk von Verbündeten aufgebaut. Dazu zählen die Hisbollah im Libanon, die Huthi-Rebellen im Jemen oder die Hamas im Gazastreifen. Ein Überblick.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der Nahe Osten ist ein Flickenteppich aus alten und neuen Feinden und Verbündeten. Die Auseinandersetzung zwischen den beiden islamistischen Konfessionsrichtungen in Schiiten und Sunniten stellt den religiösen Überbau dar. Einige sunnitische Staaten sind Partner der USA und hoffen auf eine Koexistenz mit Israel oder haben diese mit Abkommen und Friedensverträgen bereits besiegelt. Andere Kräfte wollen den jüdischen Staat vernichten und sehen in Israel und den USA – ganz nach Darstellung Teherans – den "kleinen und großen Satan".

Libanon

Die schiitische Hisbollah ist Teherans treuester militanter Verbündeter. Sie wurde in den 1980er Jahren gegründet, nachdem israelische Truppen 1982 in den Libanon einmarschiert waren, und den Süden des Libanons bis 2000 besetzt hielten. Sie verfügt über ein Arsenal von Zehntausenden Raketen und hoch qualifizierte Kämpfer, die jahrelang in Syrien an der Seite von Diktator Assad gegen die Aufständischen gekämpft haben. Seit Beginn des Gaza-Kriegs, der durch das Massaker der islamistischen Hamas am 7. Oktober ausgelöst worden ist, kommt es nahezu täglich zum Beschuss der Hisbollah auf Ortschaften und Städte im Norden Israels. Israel erwidert seitdem das Feuer auf mutmaßliche Hisbollah-Stellungen und Infrastruktur im Libanon.

Azadeh Zamirirad von der Stiftung Wissenschaft und Politik forscht seit Jahren zum Iran. Sie sagt im BR24-Interview: Unter den Verbündeten Irans in der so genannten "Achse des Widerstands" sei die Hisbollah das stärkste Glied. "Nicht ohne Grund gilt sie der Teheraner Führung auch als Kronjuwel der Achse. Das hat vor allem mit ihrem gewaltigen Raketenarsenal zu tun. Nach einigen Schätzungen verfügt sie über mehr als 150.000 Raketen, die sie auf Israel abfeuern kann."

Jemen

Die Huthi-Miliz im Jemen eroberte 2014 weite Teile des Landes und kämpfte gegen von Saudi-Arabien unterstützte Regierungstruppen. Der Iran unterstützte zunächst die Huthi im Kampf gegen seinen Erzrivalen Saudi-Arabien. Die Huthi feuern seit dem 7. Oktober 2023 Raketen auf Israel sowie auf Handelsschiffe und Öltanker im Roten Meer, die sie in Verbindung mit Israel bringen. Die USA und Großbritannien haben Huthi-Ziele im Jemen angegriffen. Die Huthi zählen wie die Hamas im Gazastreifen und die libanesische Schiitenorganisation Hisbollah zur sogenannten "Achse des Widerstands", einem Netzwerk im Kampf gegen Israel. Die Huthi haben sich solidarisch mit der Hamas im Gazastreifen erklärt. Die Huthi, die Hisbollah und andere Gruppen haben mehrfach öffentlich mitgeteilt, dass sie ihre Angriffe erst dann eingestellt würden, wenn Israel den Krieg gegen die Hamas im Gaza-Streifen beendet haben wird.

Gaza: Hamas

Israel hat im Sechstageskrieg von 1967 die syrischen Golanhöhen, des Westjordanland, Ostjerusalem und den Gaza-Streifen erobert und besetzt. 2005 ordnete der damalige israelische Premierminister Ariel Sharon die komplette Räumung der israelischen Siedlungen im Gaza-Streifen sowie den Abzug der Truppen an. Doch bereits unter der Besatzung der Israelis agierten dort die islamischen Muslimbrüder, aus denen sich die Hamas 1987 als Organisation formierte. Der Iran unterstützt die Hamas und den Islamischen Dschihad. Der Iran positioniert sich als Verfechter des palästinensischen Widerstands gegen die israelische Besatzung. Laut Expertin Zamirirad ging das US-amerikanische Außenministerium 2020 von einer hohen Summe aus, die vom Iran in den Gazastreifen fließe, etwa 100 Millionen US-Dollar pro Jahr für die Hamas.

Syrien und Irak

Die Führung in Teheran unterstützte schiitische Militante im Irak während der US-Besatzung und hat diese Verbindungen aufrechterhalten. Die 150.000 Mann starken Volksmobilisierungskräfte (PMF), eine staatlich sanktionierte Gruppierung irakischer Paramilitärs, werden von schwer bewaffneten und kampferprobten Gruppen dominiert, die dem Iran gegenüber loyal sind und enge Verbindungen zu seinen Revolutionsgarden haben. PMF-Gruppen haben nach dem 7. Oktober Dutzende Angriffen im Irak und in Syrien auf US-Stützpunkte mit Raketen beschossen. Die USA reagierten mit Luftangriffen, darunter einem Angriff, bei dem ein Kommandant in Bagdad getötet wurde. Seit Februar haben daraufhin die schiitischen Milizen ihre Angriffe auf amerikanische Stützpunkte eingestellt.

Syrien ist eine wichtige Transitroute, über die die iranischen Revolutionsgarden Rüstungsgüter über den Irak und Syrien in den Libanon transportieren. Nach Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 intervenierte der Iran massiv militärisch, um den syrischen Machthaber Baschar al-Assad zu stützen. Dazu entsandte der Iran Militärberater der Revolutionsgarden sowie Bewaffnete aus dem Irak, Pakistan und Afghanistan. Die pro-iranische Hisbollah beteiligte sich mit erheblichen Truppenverbänden, um Assad zu unterstützen. Sie sind weiterhin in ganz Syrien im Einsatz.

Verbündete Israels in der Region

Grob betrachtet stehen auf der anderen Seite Länder, die Frieden mit Israel geschlossen haben oder dies anstreben und die mit den USA etwa militärisch zusammenarbeiten. Dazu gehören Ägypten, Jordanien und seit 2020 die Vereinigten Arabische Emirate und Bahrain. Jordanien bewege sich "zwischen den Fronten", sagt Tareq Sydiq, Konfliktforscher an der Universität Marburg, der dpa. Jordaniens Führung habe "enorme Sorge, dass eine ähnliche Situation eintritt wie in Syrien, dass am Ende iranische und israelische Kriegsführung auf ihrem Territorium ausgetragen wird". Von Zuständen wie im Bürgerkriegsland Syrien und mit dessen Milizen ist die Monarchie zwar weit entfernt. Trotzdem könnte der Himmel über Jordanien zur neuen Kampfzone werden - auch bei einem direkten Angriff Israels auf den Iran.

Auch Saudi-Arabien bemüht sich, einen Mittelweg zu finden - zwischen dem Iran einerseits, mit dem es vor einem Jahr wieder diplomatische Beziehungen aufnahm, und Israel andererseits, mit dem eine mögliche Normalisierung vor Beginn des Gaza-Kriegs im Raum stand. Das Königreich spielte so auch Berichte herunter, bei der Abwehr von Irans Angriff geholfen zu haben.

In Kuwait und Katar gibt es große US-Militärbasen, diese Länder stehen Israel aber deutlich kritischer gegenüber, besonders seit Beginn des Gaza-Kriegs. Katar überdenkt nach Angaben des katarischen Regierungschefs seine Vermittlerrolle bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas, da es "beiden Seiten am Willen zu einer Einigung" mangele.

Karte: Übersicht Israel und Nachbar-Länder

"Feuerring" Irans

John Bolton, früherer UN-Botschafter der USA und ehemaliger Sicherheitsberater unter Donald Trump im Weißen Haus, sieht in dem von Teheran gesteuerten Zusammenschluss von Hamas, Huthi und Hisbollah zu einem "ring of fire", also einem "Feuerring", bereits den Beginn eines iranischen Kriegs gegen Israel. "Das eigentliche Problem ist natürlich der Iran", sagt Bolton. "Solange in Teheran die Mullahs herrschen, wird es für niemanden im Nahen Osten Frieden geben."

Wie wird Israel jetzt reagieren?

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat nach dem iranischen Angriff auf Israel am vergangenen Wochenende den Iran und Israel angesichts des drohenden Flächenbrands im Nahen und Mittleren Osten zu "maximaler Zurückhaltung" aufgerufen. Bei Krisengesprächen in Israel mahnten Baerbock und ihr britischer Amtskollege David Cameron am Mittwoch ein besonnenes und verantwortungsvolles Handeln an. Sie fügte hinzu: "Als G7 sprechen wir mit einer Stimme: Alle Akteure in der Region sind zu maximaler Zurückhaltung aufgefordert."

Eine Reaktion des Irans und dessen Verbündeter hänge von Art, Umfang und Ziel eines israelischen Angriffs ab, sagt Iranexpertin Azadeh Zamirirad von der Stiftung Wissenschaft und Politik: "Grundsätzlich ist die Achse aber in der Lage in weiten Teilen der Region zu reagieren, entweder über direkte Angriffe auf Israel oder US-Stützpunkte im Irak oder Syrien und nicht zuletzt auch im Golf von Oman, wo sie den Seeverkehr und damit auch den internationalen Handel erheblich behindern kann."

Mit Material von reuters und dpa

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