Die Hochwasserlage in Franken ist derzeit weiterhin angespannt. Erste Straßen sind überflutet.
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Die Hochwasserlage in Franken ist derzeit weiterhin angespannt. Erste Straßen sind überflutet.

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Mit Sandsäcken gegen die Flut: Kampf gegen Hochwasser in Franken

Es regnet und regnet: In Teilen Bayerns schwellen deshalb Flüsse und Bäche immer weiter an. In einigen Orten gibt es bereits Überschwemmungen. Die Feuerwehr verteilt Sandsäcke, so etwa im unterfränkischen Gräfendorf.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Benjamin Steigerwald befüllt zusammen mit vielen anderen Feuerwehrleuten einen Sandsack nach dem anderen. 500 Stück wollen die Einsatzkräfte im unterfränkischen Gräfendorf insgesamt vorbereiten, um sich gegen die Wassermassen zu wappnen. Das entspricht fünf Tonnen Sand. "Wir wollen immer einen Schritt vorne dran sein", sagt Steigerwald. Schon am Nachmittag war die Fränkische Saale an einigen Stellen weit über die Ufer getreten.

"Bei 4,60 Meter wird es bei uns kritisch"

"Der Worst Case wäre, dass in der Hauptstraße unsere Bäckerei und der Dorfladen überschwemmt werden", sagt Gräfendorfs Bürgermeister Johannes Wagenpfahl, der selbst mit anpackt. Für die Gemeinde ist der Pegelstand der Fränkischen Saale flussaufwärts in Bad Kissingen entscheidend. Der Hochwassernachrichtendienst prognostiziert dort für Donnerstagfrüh einen Pegelstand von 4,50 Meter. "Bei 4,60 Meter wird es bei uns kritisch", sagt Wagenpfahl.

Knapp 50 Kilometer von Gräfendorf entfernt haben Sandsäcke bereits vergangene Nacht zwei Ortsteile im unterfränkischen Münnerstadt vor Hochwasser bewahrt. 150 Feuerwehrleute und ehrenamtliche Helferinnen und Helfer haben dabei geholfen, die Sandsäcke aufzuschichten. Dort drohte die Wannig über die Ufer zu treten. Eine Entwarnung gibt es aber auch in Münnerstadt noch nicht. Für Bad Kissingen und Wolfsmünster, einem Ortsteil von Gräfendorf, gilt aktuell die Meldestufe 3 von 4.

Video: Überschwemmungen in Franken

Überschwemmungen in Franken
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Überschwemmungen in Franken

Hochwasser: Erste Straßen in Bayern sind überflutet

Wie der Hochwassernachrichtendienst (HND) des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) in Augsburg am Mittwoch mitteilte, haben mehrere Pegelstände in Ober- und Unterfranken Meldestufe 3 überschritten. Dauerregen hat im Norden und Osten Bayerns die Flüsse anschwellen lassen, an einigen Orten gibt es Überschwemmungen.

Betroffen ist neben der Fränkischen Saale und der Wannig etwa auch die Lauer im Landkreis Bad Kissingen und die Steinach im Landkreis Coburg. Auch am Fluss Regen bei Cham in der Oberpfalz erreichte der Hochwasserscheitel die Meldestufe 3. Dabei können einzelne bebaute Grundstücke, Keller und Straßen überflutet werden.

Die Polizeipräsidien in Ober- und Unterfranken meldeten jeweils dutzende witterungsbedingte Einsätze. So seien etwa kleinere Straßen überflutet worden und Bäume umgestürzt. Zudem ist die Regionalzugstrecke der Bahn bei Rieneck aktuell nur einseitig befahrbar. Hier wird die Stabilität des Bahndamms untersucht.

Video: Schalte nach Gräfendorf (Lkr. Main-Spessart)

Ein Feuerwehrmann wird zur aktuellen Lage in Gräfendorf interviewt.
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Steigende Pegel in Gräfendorf

Pegel könnten weiter steigen

Der HND rechnet für Teile Ober- und Unterfrankens sowie die Oberpfalz weiter mit Hochwasser und dem Erreichen der Meldestufe 3 an vielen Flussläufen. Am Regen in Cham könnte sogar Stufe 4 überschritten werden. Das bedeutet, dass bebaute Gebiete in größerem Umfang überflutet werden können. Und es regnet weiter: Dauerregen mit 50 bis 60 Litern pro Quadratmeter innerhalb von 48 Stunden erwartet der Deutsche Wetterdienst. An der Rhön, im Frankenwald und Fichtelgebirge sowie am Bayerwald könnten es gebietsweise gar Mengen zwischen 60 und 80 Litern je Quadratmeter werden.

Ab Donnerstag im Laufe des Tages dürfte es zumindest in Teilen Bayerns zunehmend Sonnenschein geben. In Franken und im Bayerischen Wald rechnet der DWD aber auch für Freitag und Samstag noch mit Regen und in höheren Lagen ab 600 bis 800 Metern mit Schneefall.

Grafik: Bayernkarte – Wetterwarnungen des DWD

Markierungen in der Warnkarte: gelb = Wetterwarnungen (Stufe 1); orange = Warnungen vor markantem Wetter (Stufe 2); rot = Unwetterwarnungen (Stufe 3)

Land unter in mehreren Bundesländern

In anderen Bundesländern ist die Hochwasserlage wesentlich dramatischer als in Bayern, die Gefahr von Deichbrüchen wächst angesichts des Dauerregens. Land unter meldeten Niedersachsen, der Süden Sachsen-Anhalts und der Norden Thüringens auf großen Flächen. Wie groß die Überschwemmungsfläche insgesamt ist, lässt sich kaum abschätzen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte einen Besuch in Sachsen-Anhalt an. Er will sich am Donnerstag zusammen mit Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) im Süden des Bundeslandes in Oberröblingen, einem Stadtteil von Sangerhausen, über die Hochwasserlage informieren.

Hydrologe: Großräumige Hochwasser auf dem Vormarsch

Laut dem Hydrologen Sergiy Vorogushyn vom Deutschen Geoforschungszentrum Potsdam stellt das derzeitige Hochwasser in Norddeutschland eine besondere Hausforderung dar. Das Hochwasser sei dahingehend besonders, dass es sehr großräumig sei, sagte er bei BR24. "Viele Flüsse, viele Pegel sind betroffen. Es dauert lange, die Böden sind durchnässt, und jeder zusätzliche Regen lässt die Pegel auf die Achterbahn steigen." Für die Einsatzkräfte sei es logistisch schwierig, die großen Massen an Material und Technik durch derart große Gebiete zu transportieren und zu den Einsatzorten zu bringen, so Vorogushyn.

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen laut dem Hydrologen, dass gerade solch großräumige Hochwasser, die viele Pegel gleichzeitig betreffen, in den letzten Jahrzehnten zugenommen haben. Daher sei es wichtig, die nötige Logistik zu stärken, die Lagerbestände mit Material und entsprechender Technik aufzufüllen. Zudem brauche es gut ausgebildete Einsatzkräfte. Dies sei der Schlüssel, um solche Hochwasserlagen zu bewältigen.

Die große Herausforderung ist für Vorogushyn, das Risikobewusstsein auch in hochwasserarmen Zeiten aufrechtzuerhalten. Nur so könne man für entsprechende Ereignisses gewappnet sein.

Video: Interview mit dem Hydrologen Sergiy Vorogushyn

Extreme Hochwasser, in Zeiten des Klimawandels werden wir öfter damit konfrontiert sein. Dazu ein Interview mit dem Hydrologen Sergiy Vorogushyn.
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Extreme Hochwasser, in Zeiten des Klimawandels werden wir öfter damit konfrontiert sein. Dazu ein Interview mit dem Hydrologen Sergiy Vorogushyn.

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