Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Test in Mainfranken Auf das richtige Weinglas kommt es an ...

Aber mal Hand aufs Herz: Wie sieht es denn bei Ihnen zu Hause im Regal oder Schrank aus? Steht da das Weinglas für 80 Cent? Oder verstauben die Gläser im Schrank. Zeit für eine Bestandsaufnahme zur Philosophie des Weinglases.

Von: Jürgen Gläser

Stand: 05.03.2017 | Archiv

Machen Sie die Klangprobe. Na, merken sie was? Ich meine: Hören Sie das? Diese Unterschiede? Da ein plumpes Böng. Dort ein helles, elegantes, filigranes Bing ... mit Nachhall. Mit dem Weinglas ist das so, wie mit einer guten HiFi-Anlage. 

"Die Gläser sind die Lautsprecher des Weines."

Weinexperte Hermann Mengler

Hermann Mengler ist Önologe und Weinfachberater beim Bezirk Unterfranken. Er ist ein Experte, der weit über Franken hinaus hohes Ansehen genießt. Wir sind in Randersacker, dem Premiumweinort bei Würzburg, im Weingut von Martin Göbel und wollen dort klären, welche Rolle das Glas beim Wein spielt.  

"Letztendlich muss man sagen, ist das wichtigste Kriterium: Der Wein schmeckt oder er schmeckt nicht."

Weinexperte Hermann Mengler

Gut, an diesem Kriterium führt kein Weg vorbei. Aber blicken wir den Tatsachen doch mal ins Auge. Ganze Nachkriegsgenerationen waren rundum zufrieden mit nur einem Weinglas: dem Römer.

"Natürlich hat das auch etwas mit Gewohnheit zu tun. Der Römer ist natürlich sehr robust. Wenn das auf den Zehen fällt, dann ist er blau. Da ist schon etwas an Rustikalität vorhanden."

Weinexperte Hermann Mengler

Der Römer

Der Römer verzeiht alles – auch schwungvolles Anstoßen nach dem vierten Schoppen. Andere stehen im Sommer am Grill und genießen ihren Müller-Thurgau im Senfglas mit Henkel. Geht doch, oder?  

Das Glas Wein am Abend aus einem Römer ....

"Oh, da machen wir verdammt viel kaputt. Da schlagen wir den Wein gleich nochmal. Zunächst brauchen wir grundlegende Geschichten: Wir wollen ein durchsichtiges Glas haben, wir wollen keine Verzierungen drauf haben, keine Goldränder. Dann brauchen wir mindestens die Form des gekappten Eis, sodass sich die Aromen am oberen Rand des Glases konzentrieren und wie bei einem Schlot das Ganze kaminartig in die Nase befördert wird. Ideal sind natürlich solche Gläser, die man fast gar nicht spürt. Wenn der Wein eingegossen wird, dann schweben die fast überm Tisch."

Weinexperte Hermann Mengler

Das wollen wir jetzt genau wissen: Vor stehen ein Römer, zwei Pressgläser und ein mundgeblasenes Weinglas. Eine 2015er Riesling-Spätlese vom Randersackerer Pfülben ist unser Testwein. Schon beim Einschenken HÖRT man den Unterschied. Sogar Weinexperte Mengler ist überrascht:

"Ich bin jetzt selber sehr, sehr angenehm überrascht. Dieses vinum bonum, wenn er in den Römer eingeschenkt wird, wie beim ersten Glas. Beim zweiten Glas dieses salto, wie hell das klingt, also für mich ist es ganz neu."

Weinexperte Hermann Mengler

Martin Göbel, unser Winzer, konzentriert sich derweil ganz auf die NASE:

"Beim Römer ist es eher ein bisschen dezenter, fast recht neutral für einen fruchtigen Riesling, den wir hier haben. Desto höherwertiger wir mit dem Glas gehen, desto feiner, filigraner, intensiver und präziser kommen diese Fruchtaromen raus. Das ist allein schon vom Riechen her ein riesiger Unterschied von den Gläsern."

Winzer Martin Göbel

Die Grundausstattung: Gläser für Rot- und für Weißwein

Man kann sich in der Frage der Weingläser natürlich auch verkünsteln. Auf einer Weinmesse in München hat Martin Göbel mal einen Weinglas-Fetischisten erlebt:

Frankenwein und geeignete Gläser

"Also, normal gibt es auf Weinmessen Einheitsgläser. Dann kam der daher mit seinem Rieslingglas. Dann nahm er einen Weißburgunder und hat ein anderes Glas aus seinem Täschle gezogen. Irgendwann kam er zurück zur Rotweinrunde zu mir an den Stand. Da hat er ein Rotweinglas gehabt. Das habe ich auch bis dato noch nicht erlebt."

Winzer Martin Göbel

Was also sollte der Weintrinker zu Hause haben, wenn er beim Glas nicht patzen will? 

"Ein vernünftiges Glas für Weißwein und ein vielleicht etwas volumigeres größeres Glas für den Rotwein. Und dann ist es auch gut. Ich muss kein besonderes Glas für Riesling haben, das einen Säurespoiler besitzt. Ich muss kein breites Burgunderglas haben. Und ich brauch nicht unbedingt ein ganz spezielles für den Traminer. Also da hört's irgendwo auf. Man muss es ja nicht übertreiben."

Weinexperte Hermann Mengler

Was Hollywoodstars falsch machen

So weit, so gut. Kommen wir von der Pflicht zur Kür – und damit zur richtigen Handhabung. Ist Ihnen im Kino oder Fernsehen schon mal aufgefallen, wie Hollywoodstars ihr Weinglas halten? Nicht am Stiel, NEIN. Mit der ganzen Hand am Kelch: 

Bitte am Stiel halten, immer!

"Für einen vernünftigen Weintrinker, da muss man kein Profi sein, so etwas geht überhaupt nicht. Der Stiel ist extrem wichtig. Die Hand hat am Kelch nichts verloren."

Weinexperte Hermann Mengler

Denn der geübte Weintrinker wird vor dem ersten Schluck den Wein ganz sanft aus dem Handgelenk im Glas schwenken. Jeder Wein enthält nämlich einen geringen Anteil von Kohlensäure:

"Und diese Kohlensäure wird durch die leichte Bewegung natürlich in Lösung gesetzt. Sie will nach oben gehen. Dabei reißt sie die Aromen mit, die sich dann wiederum in der Kaminform konzentrieren und dann natürlich ganz leicht mit unseren Nasenöffnungen zu erschnüffeln sind."

Önologe Hermann Mengler

Wer also bereit ist, für einen guten Wein ein paar Euro mehr auszugeben, der sollte am Ende beim Weinglas nicht sparen. Das klingt übrigens auch viel besser.

So klingt der ganze Beitrag, so klingen die Gläser. Hören und genießen:

Römer und andere Weingläser: Welches Glas zu welchem Würzburger Wein?


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