Der Klimawandel setzt dem Wald zu. Im Bild: Fichten-Kahlschlag im Wald nach Borkenkäferbefall im Frankenwald
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Sind dem Klimawandel nicht gewachsen: Fichten, wie hier im Frankenwald. Für die Zukunft müssen andere Baumarten gepflanzt werden.

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Wald im Klimawandel: Diese Baumarten könnten überleben

Hitze, Dürre und Borkenkäfer setzen dem Wald zu. Überall in Mitteleuropa ist das zu sehen. Aber welche Baumarten könnten die abgestorbenen Bäume ersetzen und dem Klimawandel trotzen? Forscher aus Wien und München haben erste Antworten darauf.

Über dieses Thema berichtet: Die Welt am Abend am .

Abgestorbene Bäume auf Flächen, die mal grüne Wälder waren: Seit Jahren ist das ein vertrautes Bild. Der Klimawandel mit Hitze, Dürre und Schädlingen, vor allem Borkenkäfern, setzt dem Wald enorm zu. Auch immer mehr Krankheiten und Stürme belasten die Bäume. Doch welche Baumarten kommen mit den immer widrigeren Bedingungen zurecht und könnten auch in Zukunft überleben?

Dieser Frage ist Rupert Seidl, Forstwissenschaftler an der Technischen Universität München (TUM), mit seinem Team nachgegangen. Im BR gibt er Antworten darauf, welche Baumarten auf den riesigen Schadflächen nachgepflanzt werden könnten, weil sie das Potenzial haben, trotz Klimawandel zu überleben.

Sterbende Bäume: Aufforstung der riesigen Flächen ist ein Problem

Fakt ist: Um die riesigen Schadflächen in Deutschland wieder aufforsten zu können, stehen den Förstern nur noch wenige Baumarten zur Verfügung. Denn Bäume, die jetzt gepflanzt werden, sollen nicht nur unter den heutigen klimatischen Bedingungen gut wachsen, sondern auch noch in den nächsten Jahrzehnten.

Das Problem ist aber: In den kommenden Jahrzehnten werden sich die Bedingungen für den Wald in Deutschland drastisch ändern. Bäume, die sowohl unter den heutigen als auch unter den künftigen Voraussetzungen überleben können, gibt es wenige. Flächen, die in den nächsten Jahren aufgeforstet werden müssen, sind dagegen reichlich vorhanden.

Allein von 2018 bis 2020, den laut Rupert Seidl "großen Dürrejahren", seien mehr als 270.000 Hektar Wald abgestorben, sagt der Forstwissenschaftler. Das sei mehr als die Fläche des Saarlandes und auf europäischer Ebene die größte Welle des Baumsterbens seit mindestens 170 Jahren. Es gebe dadurch einerseits Flächen, wo "nix da sei", so Seidl, aber auch Flächen, auf denen "unter den großen Bäumen, die jetzt abgestorben sind, schon kleine Bäume (…) weiterwachsen".

Studie: Welche Baumarten eignen sich für den Klimawandel?

Wenn die Aufforstung der Natur überlassen wird und es Bäume schaffen, unter den abgestorbenen Bäumen nachzuwachsen, entsteht meist ein gesunder Mischwald, der dem Klimawandel vermutlich trotzen kann. Das Problem sind die Flächen, auf denen nichts nachwächst oder nur eine einzige Baumart, wie zum Beispiel die wenig robusten Fichten. Hier müssen Förster eingreifen und die richtigen Baumarten für einen zukunftsfähigen Wald anpflanzen.

Wissenschaftler der TU München und der Uni Wien haben deshalb 69 Baumarten untersucht und geprüft, welche der Arten sich für den Wald der Zukunft eignen könnten. Ihr Fazit: "Es gibt keine Blankoantwort, keine Baumart, die für alle Standorte funktionieren würde, aber wir haben durchaus heimische Baumarten, die auch unter zukünftigen Bedingungen noch in der Lage sind, sich gut zu entwickeln", sagt Seidl. Welche Baumarten überleben können, ist laut Seidl eben von Region zu Region unterschiedlich. So gebe es Unterschiede zwischen dem bayerischen Alpenraum, dem Frankenwald und den trockenen Regionen rund um Würzburg, sagt Seidl.

Fest steht jedenfalls laut Studie: Die Anzahl der für einen klimaresistenten Wald geeigneten Baumarten wird immer kleiner. Während bisher noch durchschnittlich 18 Baumarten pro Standort in die engere Auswahl für einen gesunden Wald gekommen wären, sind es heute – wegen des schnellen Klimawandels – nur noch zehn Baumarten in Deutschland.

Und weil der Wald auch weiterhin noch andere Funktionen erfüllen soll, wie zum Beispiel für die Holzproduktion, die Kohlenstoffspeicherung oder als Habitat vieler verschiedener Tier- und Pflanzenarten, wird die Anzahl der Baumarten, die sich für einen zukunftsfähigen Wald eignen, sogar noch kleiner.

Wald der Zukunft: Zitterpappel könnte Klimawandel trotzen

Die Zitterpappel, auch Espe genannt, könnte laut Antonin Kusbach von der Faculty of Forestry and Wood Technology an der Mendel Universität in Brünn, Tschechien, "ein guter Kandidat sein, um in einer unsicheren Zukunft einen neuen, vielfältigeren Wald aufzubauen", sagt er im BR-Interview. Sie sei anspruchslos, flexibel und liefere einen guten Boden für den zukünftigen Wald, fasst Kusbach die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung aus Tschechien zusammen. Sie wäre ein guter Kandidat für den Übergang zu einem robusten Wald.

Für den, so betont TU-Wissenschaftler Seidl, brauche man aber grundsätzlich Mischwälder, da die eine höhere Resilienz im Klimawandel zeigen. Zwar seien an bestimmten Standorten, wie zum Beispiel im Frankenwald, die Weißtanne oder die Eiche "sicher Ende des Jahrhunderts auch noch sehr gut an das Klima angepasst", aber "noch wissen wir nicht, wie sich der Klimawandel genau manifestieren wird.

Mit diesen Unsicherheiten können wir am besten umgehen, wenn wir gemischte Wälder haben", erklärt Seidl. Der Klimawandel jedoch schränkt diese benötigte Mischung an Baumarten schon stark ein. Die Anpassung der Bäume ans künftige Klima hat schließlich Grenzen. Auch das zeigt, wie wichtig wirksamer Klimaschutz ist.

Dieser Artikel ist erstmals am 29. April 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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