Symbolbild TV-Rechte: Ein Kameramann steht hinter seiner Kamera am Rande eine Fußballplatzes.
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Symbolbild TV-Rechte: Ein Kameramann steht hinter seiner Kamera am Rande eine Fußballplatzes.

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TV-Rechte: Rekorddeal in England – gutes Zeichen für Bundesliga?

Die Premier League hat in einem neuen Deal die Rechte an ihren Spielen veräußert und mit 1,95 Milliarden Euro pro Saison einen neuen Höchstwert aufgestellt. Was bedeutet das für die Bundesliga, bei der die Rechte-Vergabe kommendes Jahr ansteht?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Umgerechnet fast acht Milliarden Euro über vier Jahre: Der neue TV-Deal der Premier League ist ein Rekord, die Liga spricht vom "größten Sportrechte-Deal in der Geschichte Großbritanniens". Für die 20 Vereine der ersten englischen Liga bedeutet das ein Plus von vier Prozent.

Rechte für 1. und 2. Bundesliga: aktuell 1,1 Milliarden pro Saison

Zuletzt bangten die großen Ligen Europas um die TV-Gelder: Die Serie A in Italien erzielte ein enttäuschendes Ergebnis und in Frankreich war man ernüchtert über die Angebote für die Ligue 1. Ist der Premier-League-Deal nun ein Wendepunkt, ein Zeichen, dass auch die deutschen Klubs mit mehr Geld rechnen können?

"Ich glaube nicht, dass wir daraus ableiten können, dass es in der Bundesliga auch nach oben gehen wird", sagt Professor Sebastian Uhrich vom Institut für Sportökonomie und Sportmanagement an der Sporthochschule Köln im Gespräch mit BR24. "Denn auch hier müssen wir noch mal darauf hinweisen, dass diejenigen Unternehmen, die die Rechte an der Bundesliga gekauft haben, doch in den letzten Jahren einige Probleme hatten, das zu refinanzieren."

In Deutschland bekommen die Vereine der ersten und zweiten Liga aktuell rund 1,1 Milliarden pro Spielzeit, also deutlich weniger Geld für deutlich mehr Vereine als beim Deal in England. Und es sieht Branchenkennern zufolge so aus, als würde die Summe eher nach unten gehen als nach oben.

Experte: Problem ist Kostenlos-Mentalität

Laut Sebastian Uhrich hat das auch mit der Einstellung der Zuschauer in Deutschland zu tun. Die Bereitschaft, für Fußball zu bezahlen, sei in einer Masse einfach geringer. "Wir haben eine stärkere Kostenlos-Mentalität, und das ist aus meiner Sicht der zentrale Grund."

Zudem hatte die Premier League Verhandlungsmasse, die die Bundesliga nicht hat: Denn in England gibt es im Gegensatz zu Deutschland Spiele, die nicht live im Pay-TV gezeigt werden. Doch die Zahl ist im neuen Deal deutlich kleiner geworden. Heißt: mehr Live-Spiele im Pay-TV, mehr Geld.

Wird es wieder Montagsspiele geben?

Die Premier-League hat einen weiteren Vorteil: "Die Spieltage werden deutlich mehr ausgedehnt", erklärt Uhrich. "Zum Teil wird in der Wochenmitte gespielt, da gibt es Freitagsspiele, Samstagsspiele, Sonntagsspiele, Montagsspiele, das heißt, das, was Medienunternehmen dann weiterverkaufen können, ist einfach viel größer geworden."

In der Bundesliga gab es Montagsspiele, sie wurden aber wieder abgeschafft. Auch, weil die deutschen Fußball-Fans sie nicht mochten. Für Uhrich dürfte es aber eine erneute Diskussion um Montagsspiele in der Bundesliga geben, wenn man die Erlöse steigern will. Darüber hinaus müsse die Liga sich international besser vermarkten. Da gebe es zwar Bemühungen, doch die Premier League sei der Bundesliga in diesem Punkt weit voraus.

Apple oder Amazon als Retter?

Aktuell laufen Bundesliga-Spiele live bei Sky, DAZN und vereinzelt bei Sat.1. Zusammenfassungen der Spiele senden ARD und ZDF. Laut Medienberichten hofft die Bundesliga darauf, Rechte auch an die großen US-Broadcaster wie Apple oder Amazon zu verkaufen.

Doch auch da ist Sportökonom Uhrich skeptisch: "Apple hat ja im Prinzip mit dem gleichen Markt-Mechanismus und gleichem Marktumfeld zu tun wie DAZN oder Amazon". Außerdem – so Uhrich – könnte ein weiterer Anbieter dafür sorgen, dass die Zuschauer noch weniger bereit sind, für Fußball zu zahlen.

Braucht es mehr Entertainment?

Die Deutsche Fußball-Liga, DFL, die für den Verkauf der Rechte zuständig ist, gab sich zuletzt zuversichtlich. "Die Bundesliga ist eine Spitzenliga", erklärte DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel vor Kurzem und kündigte hinsichtlich der Ausschreibung im Frühjahr an: "Wir werden ein innovatives Topmedienprodukt auf Weltniveau anbieten."

Doch bei den Sendern gibt man sich nüchterner. Auf den Medientagen in München Ende Oktober mahnte der Sportrechte-Chef von Sky Deutschland, Hans Gabbe, Veränderungen an. "Durch die Digitalisierung, durch neue Möglichkeiten, passiert so viel um den Fußball herum und wenn man ehrlich ist, ist der Fußball stehen geblieben." Wenn er sich nicht bewege, so Gabbe seiner Zeit in München, werde er Probleme bekommen.

"Ob ich Helene Fischer in der Halbzeit brauche …"

Was das konkret bedeutet: Der Fußball müsse mehr Entertainment liefern. Es reiche nicht mehr, samstags 90 Minuten ein Live-Spiel zu zeigen, sondern es brauche die ganze Woche über Inhalte über die Klubs und ihre Stars. Heute wolle man eben wissen, was ein Marco Reus am Montag macht und wie er mit dem Spiel vom Wochenende umgeht.

Gabbes Ausführungen stimmte auch Alberto Horta von IMG Media auf den Medientagen zu. Es brauche eine "Annäherung von Sport und Entertainment, kulturell angepasst auf unsere Bedürfnisse". Horta nannte in dem Zusammenhang auch ein kontroverses Ereignis: "Ob ich Helene Fischer in der Halbzeit brauche, weiß ich nicht. Aber diese Annäherung der beiden Elemente, die der Konsument offensichtlich will, der 15-Jährige und vielleicht auch der 55-Jährige, das ist der Schlüssel."

Der Hintergrund: Helene Fischer trat in der Halbzeitpause des DFB-Pokalfinales 2017 auf und sorgte damit für ein gellendes Pfeifkonzert der Fans im Berliner Olympiastadion. Am DFB gab es laute Kritik – derartige Auftritte seien ein Zeichen dafür, dass die Kommerzialisierung im Fußball immer weiter voranschreite. Ähnliche Acts gab es beim Endspiel in Berlin seitdem nicht mehr.

"Gratwanderung" zwischen neuem und traditionellem Publikum

Ob mehr Entertainment der Weg für mehr Erlöse ist, da hat auch Sebastian Uhrich von der Sporthochschule Köln seine Zweifel: "Einerseits haben wir eine sehr traditionelle, große Fanbasis, die immer noch die Mehrheit in den Stadien darstellt und vermutlich auch immer noch die Mehrheit der Medienkonsumenten darstellt." Andererseits gebe es eine nachwachsende Generation, die Sport und Medieninhalte anders konsumiere. Zwar müsse man sich bis zu einem gewissen Teil der jungen Generation anpassen, doch zu schnelle, zu starke Veränderungen könnten das traditionelle Publikum vergraulen, glaubt Uhrich. Er spricht in diesem Zusammenhang von einer "Gratwanderung".

Sky-Sportrechte-Chef Gabbe äußerte sich Ende Oktober bezüglich der TV-Rechte folgendermaßen: "Wir wollen auch zukünftig Bundesliga-Partner bleiben. Aber die große Frage: zu welchen Bedingungen?" Was das für die Hoffnungen auf einen neuen Rekord-Deal auch für die Bundesliga bedeutet, wird sich im Frühjahr bei der Rechte-Vergabe zeigen.

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