"An einem schönen Tag im April" von Rosa von Praunheim
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"An einem schönen Tag im April" - Kunstwerk von Rosa von Praunheim aus der nun geschlossenen Ausstellung in Nürnberg

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Endgültiges Aus für queere Ausstellung "Jesus liebt" in Nürnberg

Die umstrittene, queere "Jesus liebt"-Schau von Rosa von Praunheim in der Nürnberger Kirche St. Egidien wird endgültig abgebrochen. Das hat der Kirchenvorstand der Gemeinde beschlossen. Kirchenobere äußern Verständnis, der Künstler ist enttäuscht.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Die Kritik war wohl einfach zu viel und zu massiv: Die Ausstellung "Jesus liebt" in der Nürnberger Egidienkirche mit teils provokanten Bildern des schwulen Malers und Mitbegründers der deutschen LGBTQ-Bewegung, Rosa von Praunheim, bleibt geschlossen. Das hat der Kirchenvorstand von St. Egidien und St. Sebald in einer Sitzung am Donnerstagabend einstimmig beschlossen.

Damit reagiere der Vorstand auf Bedenken und Einwände im Hinblick auf die Ausstellung, heißt es in einer Mitteilung. Zahlreiche Menschen hätten sich demnach in ihrem religiösen Empfinden verletzt gefühlt, was der Kirchenvorstand sehr bedauere. "Die Aufgabe der Kirche ist es, in der Kraft des Evangeliums zu einen, zu heilen und zu versöhnen", so Martin Brons, der geschäftsführende Pfarrer von St. Sebald und St. Egidien. "Wir bedauern sehr, dass die Ausstellung das Gegenteil bewirkt hat", so Brons weiter.

Hass, Hetze, Unterstellungen – kein versöhnlicher Diskurs möglich

Die Ausstellung mit Werken von Praunheim, die sich mit dem Umgang von Liebe, Sexualität und Homosexualität im Christentum und der Kirche auseinandersetzten, war am 21. Juli im Rahmen der Nürnberger Pride Weeks eröffnet worden - und schon nach fünf Tagen von den Verantwortlichen vorläufig wieder geschlossen worden. Der Grund: Ab der Eröffnung seien die Ausstellungsmacher mit einem "erheblichen Maß an Hass, Hetze, Unterstellungen und unbelegten Vorwürfen" konfrontiert worden und sahen deswegen keinen Weg mehr für einen "zielführenden und versöhnenden Diskurs", heißt es in der Mitteilung.

Suche nach neuem Ort für Ausstellung

Der mitorganisierende Nürnberger CSD-Verein hatte bis zuletzt auf eine Wiedereröffnung der Ausstellung gehofft. Die endgültige Schließung bezeichnete er als "ein fatales Zeichen", heißt es in einer Stellungnahme. Kirche sei "in diesem konkreten Fall kein 'safe space' für queere Menschen und ihre Kultur" gewesen, heißt es. "Wir haben nun hautnah erlebt, wie rechtsextreme und evangelikale Kräfte versuchen, Homosexualität weiter zu verteufeln, zu beschämen und aus dem Raum der Öffentlichkeit zu drängen."

Derzeit suchten der CSD-Vorstand und der Kulturpfarrer Thomas Zeitler nach einem neuen Ort für die Ausstellung. Spätestens zum Ende der Pride Weeks solle die Ausstellung in Nürnberg wieder öffnen.

Hann von Weyhern: Respekt vor Entscheidung

Die Nürnberger Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern erklärte, sie habe großen Respekt vor der Entscheidung. Es sei "echt evangelisch", gemeinsam um eine so schwierige und kontroverse Frage respektvoll zu ringen.

Gleichzeitig sei allen Beteiligten bewusst gewesen, dass sie mit jeder Art von Entscheidung irgendeine Gruppe vor den Kopf stoßen. Allerdings reagiere man nicht auf Skandalisierungsinteressen verschiedener Gruppierungen, sagte Hann von Weyhern dem BR, vielmehr beschäftige man sich mit ernst zu nehmender und konstruktiver Kritik.

"Queere Menschen haben einen Platz in der Kirche"

Zugleich sei ihr wichtig, dass queere Menschen "einen Platz in unserer Kirche haben und mit ihren Anliegen mittendrin sind in der Kirche." Es sei von großer Bedeutung, weiterhin die Fragen von Homosexualität auch in der Geschichte der Kirche aufzuarbeiten, auch was in der Vergangenheit alles schiefgelaufen sei. "Wir müssen weitermachen bei diesem Thema, aber wir müssen auch Formen suchen, in denen ein gutes Gespräch möglich ist", so Hann von Weyhern.

Darstellung von Sexualität Herausforderung

Auch der evangelische Stadtdekan von Nürnberg, Jürgen Körnlein, begrüßt die Entscheidung des Kirchenvorstands von St. Sebald und St. Egidien. Dem BR sagte Körnlein, queere Menschen hätten in der evangelischen Kirche mittlerweile einen selbstverständlichen Platz. Die Intention der Ausstellung, kritische Punkte zwischen Kirche und queeren Lebensformen zu bearbeiten, sei aber in einer Atmosphäre von Wut und Hass einerseits und verletzter religiöser Gefühle andererseits nicht möglich. Er wünsche sich künftig einen konstruktiven Diskurs. Die bildliche Darstellung von Sexualität werde immer eine Herausforderung bleiben, so Körnlein. "Und ob sie in der Kirche einen guten Ort hat, das bleibt eine offene Frage."

Rosa von Praunheim: Kirche noch nicht bereit für Kritik

Der Künstler selbst bedauerte das endgültige Aus für die Ausstellung "Jesus liebt". Dem BR sagte Rosa von Praunheim: "Das zeigt, dass die Kirche noch nicht bereit ist für kritische Dinge.“ Auch wenn die evangelische Kirche im Vergleich zur katholischen stets toleranter gewesen sei, "die sich ja nun gar nicht bewegt." Grundsätzlich ist aus seiner Sicht die Sexualfeindlichkeit der Kirchen allgemein in allen Religionen sehr groß. Dennoch lobte er den Mut von Kulturpfarrer Thomas Zeitler, der die umstrittene Ausstellung nach Nürnberg geholt hatte.

Am Mittwoch hatte sich Rosa von Praunheim noch über die rege Diskussion um die Ausstellung und seine Bilder gefreut und sie deshalb als "Erfolg" bezeichnet.

Im Audio: Interview mit Künstler Rosa von Praunheim

Der Regisseur Rosa von Praunheim
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Jens Kalaene
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Rosa von Praunheim

"Jesus liebt" als Auftakt zu den Pride Weeks in Nürnberg

Die Ausstellung "Jesus liebt" sollte eigentlich bis 12. August laufen. Geplant waren auch Führungen und Diskussionsrunden. Zudem werden im Rahmen der Nürnberger Pride Weeks im Filmhaus selten gezeigte Filme von Rosa von Praunheim präsentiert.

Die Pride Weeks stehen in diesem Jahr unter dem Motto "Queerer Aktionsplan Bayern – jetzt!" und wollen mit mehr als 80 Veranstaltungen, wie Theateraufführungen, Konzerten und Lesungen bis zum großen Christopher Street Day am 5. und 6. August für mehr Sichtbarkeit und Sicherheit von Menschen der LGBTIQ-Community sorgen.

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