Eine in der Fertigung befindliche Luft-Wasser-Wärmepumpe
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Was ist dran? Fünf Mythen rund um die Wärmepumpe

Wärmepumpen sind teuer und nicht effizient, vor allem wenn es bitterkalt ist. Heißt es. Dabei decken Wärmepumpen in Norwegen über 60 Prozent des Wärmebedarfs ab. Über Wärmepumpen wird viel geredet. Auch viel Unsinn.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG), auch genannt "Heizungsgesetz", ist so gut wie verabschiedet. Mittlerweile fehlt nur noch die Unterschrift von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die Verkündung im Bundesgesetzblatt, dann treten weite Teile der Regelung ab 2024 in Kraft. Auch wenn Bayern, zuletzt im Plenum der Länderkammer Ende September, noch einmal Nachbesserungen wollte: Der Antrag fand keine Mehrheit.

Im Fokus der teils hitzigen Diskussion: Die Wärmepumpe. Auch wenn das Prinzip der Technologie bereits fast 200 Jahre zurückreicht, wurden Effizienz und Möglichkeiten zuletzt immer wieder infrage gestellt. Tatsächlich ist die Nachfrage nach Wärmepumpen in den letzten Monaten massiv zurückgegangen. Auf Prognosen für ein Rekordjahr 2023 folgte Ernüchterung. Dabei gilt die Wärmepumpe – nach wie vor – als Schlüsseltechnologie der Energiewende.

Wärmepumpe: Bei Hälfte aller Gebäude möglich

Um eines gleich klarzustellen: Herkömmliche Luft-Wasser-Wärmepumpen lösen nicht alle unsere fossilen Heizungsprobleme. Teilweise seien die Bedürfnisse sehr individuell, aber sagt Andreas Holm, Professor an der Hochschule München und einer der führenden Wärmpumpenexperten Deutschlands vom Forschungsinstitut für Wärmeschutz: "Bei ungefähr der Hälfte aller Gebäude ist ein effizienter Betrieb heute schon ohne weiteres möglich und auch wirtschaftlich und technisch sinnvoll."

Bei den anderen Gebäuden müsse man gewisse Vorkehrungen treffen, die aber in vielen Fällen im Rahmen der normalen Instandhaltung sowieso anfallen, so der Bauphysiker weiter. Derzeit werden lediglich knapp drei Prozent aller deutschen Gebäude mit Wärmepumpen beheizt (Bayern liegt mit vier Prozent etwas über dem Schnitt). In Europa, hat kürzlich der europäische Wärmepumpenverband (EHPA) festgestellt, liegt Deutschland, zusammen mit Ungarn und Großbritannien, damit auf den hintersten Plätzen.

Mythos 1: Wärmepumpen sind teuer und technisch nicht ausgereift

Ja, Wärmepumpen sind teuer. Allein was den Bruttolistenpreis angeht, reden wir bei namhaften Herstellern über einen fünfstelligen Betrag von knapp 17.000 bis 20.000 Euro. Die Montage und Installation ist da noch gar nicht enthalten und kann regional sehr unterschiedlich sein. Doch, auch wenn Wärmepumpen in der Anschaffung kostenintensiver sind als fossile Heizungen, ermöglichen sie langfristig erhebliche Energieeinsparungen. Insbesondere, wenn die CO₂-Abgabe auf Heizöl und Erdgas in den nächsten Jahren weiter steigt. Zudem soll der Einbau mit dem GEG noch stärker staatlich gefördert werden. Zur Grundförderung von 30 Prozent kommen weitere Zusatzförderungen. Hier sind im Extremfall sogar 70 Prozent Gesamtförderung möglich.

Behauptungen, dass Wärmepumpen technisch noch nicht ausgereift seien, findet Andreas Holm vom Forschungsinstitut für Wärmeschutz in München, dagegen albern: "Wir haben es hier nicht mit Prototypen zu tun. Die [Wärmepumpe] ist ausgereift. Aber wie in anderen Bereichen auch, sind wir noch nicht an den physikalischen Grenzen. Da gibt es Potenziale, sich zu verbessern." Holm rechnet insbesondere künftig mit mehr Effizienz bei höheren Vorlauftemperaturen von Wärmepumpen. Derzeit sind bis zu 55 Grad üblich.

Mythos 2: Wärmepumpen laufen bei Kälte nicht effizient

Moderne Wärmepumpen arbeiten auch bei sehr niedrigen Temperaturen noch effizient. Sogar wesentlich effizienter als vergleichbare Gas- oder Ölheizungen. Das zeigt auch eine aktuelle Feldstudie der Universität Oxford: "In extrem kalten Klimazonen, in denen die Tiefsttemperaturen bis zu minus 30 °C erreichen, haben die Leistungsdaten gezeigt, dass Wärmepumpen Wärme mit einer bis zu doppelt so hoher Effizienz wie Widerstandsheizungen bereitstellen können."

Tatsächlich haben gerade skandinavische Länder, wie Norwegen, Schweden und Finnland, die höchsten Pro-Kopf-Verkäufe bei Wärmepumpen in Europa (2022). "Selbst wenn wir eine Luftwärmepumpe haben, die bei minus 18 Grad relativ wenig bringt, dann ist es übers ganze Jahr betrachtet nur ein sehr kleiner Teil der Zeit", sagt Energieeffizienzexperte Martin Sambale vom Energie- und Umweltzentrum Allgäu (EZA), "über einen sehr großen Teil des Jahres arbeitet die Wärmepumpe sehr effizient."

Mythos 3: Wärmepumpen erfordern Fußbodenheizung

Die Größe der Heizflächen spielt bei Wärmepumpen eine wichtige Rolle. Größere Flächen ermöglichen niedrigere Vorlauftemperaturen. Fußbodenheizungen sind deshalb besonders effizient, da sie bei niedrigen Temperaturen (30 bis 40 Grad Celsius) arbeiten können und in Niedrigenergiehäusern sogar noch weniger benötigen (25 Grad Celsius), um die gewünschte Raumtemperatur zu erreichen. Aber auch im Altbau kann – je nach Art und Alter der Heizkörper – noch effizient mit einer Wärmepumpe geheizt werden.

"In der städtischen Umgebung ist es schwieriger, eine Wärmepumpe zu installieren als in der klassischen Einfamilien- oder Zweifamilienhaus-Siedlung in den Vororten", sagt Bauphysiker Andreas Holm, "technologisch ist alles immer möglich. Es ist nur die Frage, wie sinnvoll ist es in vielen Fällen." Die Alternative wäre der Anschluss an ein geplantes Nah- oder Fernwärmenetz.

Übrigens sind mittlerweile auch bereits große Wärmepumpen im Einsatz. MAN in Augsburg baut gerade für die dänische Küstenstadt Esbjerg eine der größten Wärmepumpen der Welt. Die Meerwasser-Wärmepumpe kann dann bis zu 25.000 Haushalte beheizen. In Mannheim kann eine Flusswärmepumpe im Rhein viele tausend Haushalte mit Wärme versorgen kann. Auch in Ingolstadt wird darüber nachgedacht. Und auch im unterfränkischen Bundorf (Lkr. Haßberge), wo Bayerns größte Photovoltaik-Anlage in Betrieb ist, entsteht ein Nahwärmenetz, dessen Großwärmepumpe mit dem Solarstrom aus dem Park betrieben wird.

Mythos 4: Wärmepumpen sind umweltschädlich, wegen der Kältemittel

Normalerweise zirkulieren Kältemittel, im Normalfall, immer im Gerät. Wenn sie austreten, haben sie allerdings einen erheblichen Einfluss auf die Umweltauswirkungen einer Wärmepumpe. Derzeit verwenden Wärmepumpen häufig noch Kältemittel mit fluorierten Treibhausgasen (F-Gase), die potenziell klimaschädlich sind. Als umweltfreundliche Alternative wird bereits Propan (R290) eingesetzt, dessen Treibhauspotenzial viel niedriger ist als herkömmlicher Kältemittel wie R410A.

Propan ist kostengünstig und weist hervorragende thermodynamische Eigenschaften auf, was die Effizienz von Wärmepumpen erhöht. Wärmepumpen, namhafter deutscher Hersteller, wie Viessmann, Wolf und Vaillant, die kürzlich von der Stiftung Warentest mit dem Gesamturteil "gut" bewertet wurden, laufen bereits mit dem umweltfreundlicheren Propan. "Wir sehen, dass das tatsächlich häufiger zum Einsatz kommt", sagt Daniel Kastner von Stiftung Warentest, "es gibt ja auch EU-weit Verordnungen, dass bestimmte Kältemittel nach und nach aus dem Verkehr gezogen werden."

Forscher des Fraunhofer ISE und Wärmepumpenhersteller haben mittlerweile einen Kältemittel-reduzierten Propan-Kältekreis entwickelt, der die Brennbarkeit von Propan berücksichtigt. Dieser Kältekreis ermöglicht den Einsatz von Propan-Wärmepumpen dann auch im Innenbereich von Einfamilienhäusern, indem er die vorgeschriebene Höchstmenge von 150 Gramm Propan unterschreitet. Der Prototyp nutzt asymmetrische Plattenwärmetauscher, verringert den Kältemittelbedarf im Kompressor und minimiert zusätzliche Bauteile, um das erforderliche Kältemittelvolumen zu reduzieren.

Mythos 5: Wärmepumpen sind laut und stören die Nachbarn

Moderne Wärmepumpen sind so konzipiert, dass sie leise arbeiten. Fortschritte in der Technologie haben dazu geführt, dass Wärmepumpen in der Regel nicht lauter sind als herkömmliche Kühlschränke. Oft sogar leiser. Tatsächlich sind die vier deutschen Hersteller, im oben erwähnten Check von Stiftung Warentest, allesamt mit "gut" bewertet worden. Viele Wärmepumpen können sogar im "Silent Modus" arbeiten, allerdings beeinträchtigt das oft die Effizienz. Insbesondere Bosch - nicht im Test - arbeitet mit einem neuen Schalldiffusor, der für leises Arbeiten von Wärmepumpen ohne Effizienzverlust sorgen soll.

Grundsätzlich werden Geräusche und Lärm aber sehr individuell wahrgenommen. Daher sind Klagen von Nachbarn und auch Rechtsstreitigkeiten wegen laufender Wärmepumpe bereits an der Tagesordnung. "Vor dem Einbau sollte man prüfen, wie viel Abstand die Pumpe zum Nachbargrundstück halten muss und wie sie ausgerichtet ist", rieten die Tester. Zudem seien Schallschutzhauben und Standfüße gegen Vibrationen eine Option.

Im Video: Klimaneutrale Wärme in Bayern - Wo steckt das meiste Potenzial?

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Wärmepumpe, Geothermie, Erdwärme oder doch lieber Pellets? Bayern soll bis 2040 klimaneutral werden - um das zu erreichen, kommt es auch auf die Wärme-Erzeugung an. Wo wird am meisten Wärme benötigt und wer könnte wie umrüsten.
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Bayern soll bis 2040 klimaneutral werden - um das zu erreichen, kommt es auch auf die Wärme-Erzeugung an.

Dieser Artikel ist erstmals am 2. Oktober 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

Dieser Artikel ist erstmals am 2. Oktober 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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