14.07.2023, Rheinland-Pfalz, Bad Neuenahr: Malu Dreyer (SPD, vorne l-r), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Kathrin Eder (Bündnis 90/Die Grünen), Umweltministerin von Rheinland-Pfalz, und Michael Ebling (SPD), Innenminister von Rheinland-Pfalz, senken die Köpfe bei einer Feierstunde zum Gedenken an die Flutkatastrophe im Ahrtal vor zwei Jahren. Foto: Thomas Frey/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Gedenken an Flutkatastrophe im Ahrtal vor zwei Jahren

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Jahrestag der Ahrtal-Katastrophe: "Niemand wird vergessen"

Zweiter Jahrestag der Flutkatastrophe im Ahrtal am 14. Juli 2021: "Alle Menschen sollen wissen, dass wir an ihrer Seite bleiben", sagt die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer. Doch noch immer gibt es Kritik an der Wiederaufbauhilfe.

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Vor zwei Jahren zerstörten Wassermassen große Teile von Bad Neuenahr-Ahrweiler, doch an diesem Freitag begrüßte Sonnenschein die Menschen im Kurpark der Stadt.

Zum zweiten Jahrestag der Ahrtal-Katastrophe in der Nacht von 14. auf 15. Juli 2021 hat die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) den Flutbetroffenen weiterhin Solidarität zugesagt. "Unsere Gedanken sind bei den Verstorbenen, und unser ganzes Mitgefühl gilt den Menschen, die ihre Liebsten verloren haben", sagte Dreyer bei der zentralen Gedenkveranstaltung in Bad Neuenahr. "Alle Menschen, deren Leben durch die Flut einen tiefen Einschnitt erfahren hat, sollen wissen, dass wir an ihrer Seite bleiben. Niemand ist und wird vergessen."

Die Stadtverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler schätzt, dass mehrere hundert Menschen in den Kurpark kamen, wo sie die Gedenkfeier verfolgten. Nur wenige waren schwarz gekleidet, es überwog sehr helle und bunte Bekleidung. Der Bürgermeister der Stadt, Guido Orthen, rief zu Beginn zu einer Gedenkminute für die Verstorbenen auf.

"Viele sind müde"

Zwei Jahre nach der Flutkatastrophe sei im Tal nicht alles nur schwarz oder grau, sagte Orthen. "Wenn wir zurückschauen auf die letzten beiden Jahre, dann darf man auch feststellen, dass sich vieles getan hat."

Am meisten freue ihn, dass die Einwohnerinnen und Einwohner da seien. "Nicht nur hier und heute bei der Gedenkfeier, sondern dass so viele die Herausforderung des Neuanfangs mitgehen." Seiner Ansicht nach sei der Weg zur Normalität noch weit, sagte Orthen. "Ja, viele sind müde, erschöpft vielfach, und manchmal ist man auch der Verzweiflung nah." Aber er wolle nicht schwarzmalen, so der Bürgermeister.

Deutlichen Applaus gab es später beim Dank an all die Menschen, die geholfen haben, die Flutfolgen zu beseitigen. Vor allem während der Ansprache zweier Pfarrer herrschte auf dem Platz im Kurpark nachdenkliche Stille. Viele Besucherinnen und Besucher schauten auf den Boden. Doch schon beim Lied "In unserem Veedel", das die Musikvereinigung der Stadt danach spielte, hoben sich die meisten Köpfe wieder und einige der Menschen stimmten mit ein.

Unter den Besucherinnen war auch die 86-jährige Liesel Mies. "Ich wollte eigentlich gar nicht hier hin. Dann bin ich richtig traumatisiert", sagte sie. "Aber dann habe ich all meinen Mut zusammen genommen. Ich versuche, auch immer wieder aus dem Loch rauszukommen", sagte sie bei der Gedenkveranstaltung. "Wenn es mir zu viel wird, gehe ich." Letztlich verließ sie dann kurz nach der ersten Rede die Veranstaltung in Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Bürgermeister unzufrieden mit der Aufbauhilfe

Auch an vielen anderen Orten im Ahrtal finden in den kommenden Tagen Gedenkstunden statt. Ministerpräsidentin Dreyer lobte die Fortschritte beim Wiederaufbau. Die Menschen im Ahrtal zeigten, wie viel sich gemeinsam bewegen lasse. Nach zwei Jahren seien kleine und große Lichtblicke sichtbar. Zugleich sei der Aufbau anstrengend - und manchen Betroffenen fehle bislang die Kraft dazu.

Im Vorfeld hatte Bürgermeister Orthen Kritik an der Wiederaufbauhilfe von Bund und Ländern geübt. Im rbb24 Inforadio bemängelte er, dass mit den Unterstützungszahlungen nur genau das wiederhergestellt werden dürfe, was auch vorher da war. "Das macht uns Probleme, und deshalb ist die Forderung, dies zu ändern", so Orthen.

Aus Sicht des CDU-Politikers ist die Regelung nicht hilfreich, um ähnliche Katastrophen in Zukunft zu vermeiden. Er werde das beim Besuch von Dreyer noch einmal ansprechen. Orthen plant, zerstörte Brücken so wieder aufzubauen, dass sie besser geschützt sind. Außerdem soll der Verlauf der Ahr großzügiger angelegt werden. "Es wird keinen Wiederaufbau 1:1 geben", sagte der Bürgermeister. Notfalls werde die Stadt das auf eigene Kosten finanzieren müssen.

Ahrtal besonders von Flut betroffen

Dreyer hatte sich in den vergangenen Monaten immer wieder rechtfertigen müssen. Auch war sie im Frühjahr von CDU und AfD zum Rücktritt aufgefordert worden. Zuletzt hatte die CDU kritisiert, dass das Geld der EU nicht in der von der Flut betroffenen Region ankomme. Dreyer hatte das zurückgewiesen.

Verheerende Unwetter mit Starkregen hatten am 14. und 15. Juli 2021 große Zerstörungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen angerichtet. Allein in Rheinland-Pfalz kamen mindestens 136 Menschen ums Leben - davon 135 im Ahrtal und ein Mann in der Eifel. Ein Mensch wird noch vermisst. Im benachbarten Nordrhein-Westfalen starben bei Hochwasser nach extremem Starkregen 49 Menschen.

Im Ahrtal wurden auf einer Länge von 40 Kilometern Straßen, Brücken, Gas-, Strom- und Wasserleitungen sowie rund 9.000 Gebäude zerstört oder schwer beschädigt. Rund 42.000 Menschen waren dort betroffen.

Mit Informationen von KNA, SWR , dpa und rbb Inforadio

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