Gerichtssaal mit Schöffengericht, Angeklagtem, Verteidiger, Staatsanwalt und Justizbeamten.
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Ein 29 Jahre alter Mann muss wegen eines tödlichen Raser-Unfalls ins Gefängnis.

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Tödlicher Raser-Unfall in Nürnberg: Haftstrafe für 29-Jährigen

Weil er einen Raser-Unfall mit einem Toten verschuldet haben soll, steht ein 29-Jähriger in Nürnberg vor Gericht. Er wird zu einer Haftstrafe verurteilt, allerdings nicht wegen eines illegalen Autorennens, wie von der Staatsanwaltschaft angeklagt.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Mit Fußfesseln und gesenktem Blick betritt der Angeklagte den Sitzungssaal 126 am Amtsgericht Nürnberg. Zwei Justizbeamte bringen ihn an seinen Platz, direkt neben den beiden Verteidigern, vor der Richterbank. Der 29-Jährige weiß, dass seine rasante Fahrweise einen Menschen das Leben gekostet hat. "Es tut mir leid", sagt er unter Tränen in seinen letzten Worten vor dem Urteil. Er habe niemandem schaden wollen.

Mit 170 Kilometern pro Stunde durch die 50-er Zone

Die Staatsanwaltschaft fordert in ihrem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten für den Angeklagten. Dieser sei im Juni 2022 mit rund 170 Kilometern pro Stunde durch das Nürnberger Hafengebiet gerast. Dort gilt Tempo 50. Als ein 44-Jähriger mit seinem Smart auf die Straße einbog, konnte der Unfallfahrer demnach nicht mehr rechtzeitig bremsen. Und das, obwohl er noch mehr als 100 Meter von der Unfallstelle entfernt war, erklärt eine Sachverständige in ihrem Gutachten.

Es kam zur folgenschweren Kollision, mit immer noch mehr als 100 Kilometern pro Stunde auf dem Tacho des BMW: Der Smart-Fahrer wurde so schwer verletzt, dass er starb. Für die Staatsanwaltschaft ist klar: Der Angeklagte wollte mit seinem Fahrverhalten seine beiden Mitfahrenden beeindrucken, alles aus seinem Auto herausholen. Deswegen spricht die Staatsanwaltschaft von einem illegalen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge. Auch eine vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs habe vorgelegen.

Verteidigung beschreibt "Notlage" des Angeklagten

Die Verteidigung widerspricht dem Staatsanwalt. Der Angeklagte habe sich in einer Notlage befunden, er habe dringend auf die Toilette gemusst. Das habe er auch während der Fahrt gegenüber seinen Mitfahrern geäußert, man könne die Aussage auf der Aufnahme der Dashcam hören.

Viel wichtiger aber für das Gericht: Auf der Aufnahme ist zu sehen, wie Verkehrsinseln, Bäume, parkende Autos und Lkw nur so an dem BMW vorbeizufliegen scheinen, der an diesem Tag im Juni mit 180 bis 190 Kilometern pro Stunde in der Spitze unterwegs war. "Eine unglaubliche Geschwindigkeit" nennt es der vorsitzende Richter. Selbst wenn jemand dringend auf Toilette müsse, sei ein solches Fahrverhalten zu keinem Zeitpunkt angemessen.

Trotz hoher Geschwindigkeit kein illegales Autorennen

Die zuständige Sachverständige erklärt auf Nachfrage der Verteidigung: Auch wenn der heute 29-Jährige extrem schnell unterwegs war, rein technisch wäre noch mehr drin gewesen. Auf der geraden Strecke der Hamburger Straße hätte er aus seinem stark motorisierten BMW ohne Probleme auch mehr als 200 Kilometer pro Stunde herausholen können. Stattdessen sei der Angeklagte, so kann man es auch auf dem Videomaterial der Dashcam sehen, immer wieder einmal vom Gas gegangen, habe ab und zu sogar abgebremst.

Haftstrafe wegen fahrlässiger Tötung

So fehlt dem Gericht am Ende der Aspekt, der Angeklagte habe die Maximalgeschwindigkeit aus seinem Wagen herausholen wollen. Dieser sei aber notwendig für den Straftatbestand eines illegalen Kraftfahrzeugrennens. Dafür braucht es laut Rechtsprechung übrigens nicht zwingend ein Wettrennen mit Zweiten. Auch wer alleine rast, kann sich schuldig machen.

Weil nun aber die Maximalgeschwindigkeits-Ausreizung in diesem Fall fehlt, wird der Angeklagte schlussendlich wegen fahrlässiger Tötung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs schuldig gesprochen, nicht jedoch wegen eines illegalen Autorennens. Das Amtsgericht legt eine Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten fest. Die Verteidigung hingegen hatte für eine Bewährungsstrafe plädiert.

Und so verlässt der Angeklagte den Gerichtssaal so, wie er ihn betreten hat: mit gesenktem Kopf und in Fußfesseln. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Binnen einer Woche können sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung noch Rechtsmittel einlegen.

Der Angeklagte sitz im Amtsgericht Nürnberg.
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Raser-Prozess Nürnberg

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