Auch in der neuen Legislaturperiode ist Ludwig Spaenle wieder Antisemitismusbeauftragter der Staatsregierung.
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Auch in der neuen Legislaturperiode ist Ludwig Spaenle wieder Antisemitismusbeauftragter der Staatsregierung.

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Spaenle: 10-Punkte-Plan gegen Antisemitismus

Wenn nicht jetzt, wann dann, sagt Ludwig Spaenle sinngemäß: Er will unter anderem den "Schutz jüdischen Lebens und die Bekämpfung des Antisemitismus" in der Verfassung verankern. Das Prozedere kann dauern, und auch die Bürger müssen erst zustimmen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Erst gestern ist Ludwig Spaenle (CSU) mit seinem Büro umgezogen: vom Kultusministerium in die Räumlichkeiten der Staatskanzlei. Denn sein Job als - wie es komplett ausgeschrieben heißt - "Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe" ist jetzt bei der Staatskanzlei angesiedelt. Für Spaenle ist das ganz klar "eine Aufwertung, nicht meiner Person, sondern des Themas". Und so ist ein wenig Stolz - vor allem aber ernste Sorge und Leidenschaft für das zu spüren, was er zum Auftakt der neuen Legislaturperiode als 10-Punkte-Papier vorstellt, "für die praktische Solidarität mit Israel und jüdisches Leben in Deutschland".

Verfassungsrang für den Schutz jüdischen Lebens

Vieles davon hat Spaenle an der ein oder anderen Stelle schon einmal gefordert. Angesichts der aktuellen Lage, der Zunahme antisemitischer Vorfälle und Straftaten auch in Bayern, seit dem terroristischen Überfall der Hamas und dem Krieg in Israel, verleiht er seinen Ideen und Anliegen mit dem 10-Punkte-Papier noch einmal Nachdruck.

Ganz oben steht für ihn, den "Schutz jüdischen Lebens und die Bekämpfung des Antisemitismus" in der Bayerischen Verfassung und dann auch im Grundgesetz zu verankern. Einige andere Bundesländer haben das bereits getan. "Staatsziele geben Orientierung für öffentliches Handeln vor", begründet Spaenle seine Initiative.

Besondere Verantwortung für Israel: Bürger laut Umfrage gespalten

So eine Verfassungsänderung allerdings braucht Zeit. Und eine breiten politischen und gesellschaftlichen Willen. Der Landtag muss mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen und die Bevölkerung wird bei einem Volksentscheid auch noch gefragt. Angesichts der Ergebnisse einer aktuellen Allensbach-Umfrage könnte so eine Verfassungsänderung kein leichtes Unterfangen für den Antisemitismusbeauftragten werden.

Der Stellungnahme von Bundeskanzler Olaf Scholz, dass es in der aktuellen Lage für Deutschland nur einen Platz geben könne, nämlich den an der Seite Israels, stimmen nur 31 Prozent der Bevölkerung zu, während 43 Prozent dafür sind, sich aus dem aktuellen Konflikt weitgehend herauszuhalten. Und ganz generell, so ein Bericht der Frankfurter Allgemeinen mit Verweis auf die Allensbach-Studie, ist die Mehrheit der Deutschen zwar überzeugt, dass Deutschlands Beziehung zu Israel eine besondere sei und sein müsse. Nur eine Minderheit von 34 Prozent leitet daraus jedoch eine besondere Verantwortung für das Schicksal Israels ab.

Noch mehr Sicherheit für jüdische Einrichtungen

Kurzfristig umsetzbar sind andere Punkte in dem sechsseitigen Papier: So will Spaenle die jüdische Community finanziell dabei unterstützen, ihre Einrichtungen mithilfe von privaten Sicherheitsdiensten zu schützen. Zusätzlich zu dem, was die "personell angespannte" bayerische Polizei ohnehin schon leistet - etwa im Umfeld von Synagogen und Gemeindezentren. Diese zusätzliche "kostenintensive Beschäftigung von Sicherheitspersonal" sei ohnehin vonnöten, da die Polizei in den jüdischen Liegenschaften kein Hausrecht hat.

Klares Bekenntnis von muslimischen Verbänden gefordert

Vor dem Hintergrund israelfeindlicher Demonstrationen fordert der bayerische Antisemitismusbeauftragte auch Klarheit von Islamverbänden - "in deren eigenem Interesse" - wie Spaenle betont. Schließlich sollten Muslime nicht "in Pauschalhaftung" genommen werden "für Gruppen, die sich übelst verhalten, die Israel angreifen oder den Terror verherrlichen", so der bayerische Antisemitismusbeauftragte.

Der Sprecher des Islamforums Bayern, Aykan Inan, reagierte zuletzt zurückhaltend auf solche Forderungen. Er erklärte, es sei für viele Muslime "ermüdend" sich immer wieder neu distanzieren zu müssen, der Islam lehne Gewalt ab und setze sich ein für den Frieden, so Inan, der lange Zeit auch für den umstrittenen türkisch-islamischen Verband Ditib in Bayern Sprecher war.

Praktische Solidarität mit Israel

Neben der Bekämpfung von Antisemitismus mithilfe von Projekten in der Bildungsarbeit mit Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen, geht es Spaenle in seinem 10-Punkte-Papier auch darum, ganz praktische Solidarität mit Israel zu zeigen. So wolle er psychisch oder physisch verletzten Israelis einen Deutschlandaufenthalt anbieten, um sich von den Kriegstraumata und Kriegswunden zu erholen. Außerdem sollen Paten- und Partnerschaften bayerischer Gemeinden und Organisationen mit israelischen Einrichtungen gefördert werden. Unterstützen könne dabei auch die bayerische Vertretung in Tel Aviv, für die Spaenle in seinem Amt nun auch zuständig ist, neben dem Europaminister.

Unklar ist noch, ob Spaenle für seine Vorhaben auch die finanziellen Mittel und weitere Mitarbeiter bekommt. "Über Geld spricht man nicht", sagte der alte und neue Antisemitismusbeauftragte. Aber: "Ich bin überzeugt, dass wir auch in dem Bereich uns neu aufstellen können."

Lob vom Zentralrat der Juden

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, jedenfalls zeigte sich sehr angetan von dem 10-Punkte-Papier. Spaenle habe einen Plan vorgelegt, "den ich in allen Punkten begrüße und der einmal auch in voller Klarheit sagt, welche Optionen wir haben, um Antisemitismus wirksam zu bekämpfen", so der Unterfranke.

Und er nahm auch die - durch den Umzug Spaenles vom Kultusministerium in die Staatskanzlei - offenbar "größere Bedeutung" der Antisemitismusbekämpfung in Bayern wohlwollend zur Kenntnis.

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