Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU).
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Justizminister fordert mehr Tempo bei Missbrauchsaufarbeitung

Letzte Woche ist die ForuM-Studie vorgestellt worden, die sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche aufarbeiten soll. Nun fordert Bayerns Justizminister Eisenreich, die Landeskirche müsse die Personalakten schneller und umfassender auswerten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Mehr als 2.200 Betroffene von sexuellem Missbrauch gab es in der Evangelischen Kirche und der Diakonie in Deutschland zwischen 1946 und 2020. Das hat die aktuelle ForuM-Missbrauchsstudie herausgefunden. Und es könnten noch viel mehr sein. Die Forschenden kritisieren, dass die Landeskirchen, auch die bayerische, für die Studie nicht genügend Daten geliefert hätten. Jetzt hat sich der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) zu Wort gemeldet.

Bisher keine vollständige Aktenauswertung in der Landeskirche

"Es ist bereits wertvolle Zeit vergangen", sagt Eisenreich auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks und fordert die evangelische Landeskirche auf, die Personalakten schneller und umfassend aufzuarbeiten. Anders als bei der MHG-Studie zu Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche hätten die meisten evangelischen Landeskirchen laut den Verfassern der ForuM-Studie bislang keine vollständige Auswertung ihrer Personalakten vorgenommen.

Diese Kritik musste sich auch die bayerische Landeskirche bei der Veröffentlichung der Studie gefallen lassen, für die sie nur ihre Disziplinarakten abgegeben hatte. "Die Verfasser haben klargemacht, dass eine umfassende Auswertung der Personalakten weitere Verdachtsfälle zutage fördern kann“, sagt Georg Eisenreich. "Ich fordere die Landeskirche daher auf, dies in die Wege zu leiten." In einem Interview mit dem BR sagte der Bayerische Landesbischof Christian Kopp am vergangenen Dienstag, er halte die Durchsicht aller Personalakten für einen "sinnvollen Vorschlag".

Seit 2018 gibt es eine Vereinbarung, Missbrauchsfälle zu melden

Laut dem bayerischen Justizministerium seien bereits im November 2018 die bayerischen Generalstaatsanwaltschaften an die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern herangetreten und hätten gefordert, dort bekannt gewordene Missbrauchsfälle den Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen. Seit Mai 2019 gebe es die Vereinbarung der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg, die die Thematik seitdem federführend behandelt, mit der evangelischen Landeskirche in Bayern, dass die Akten zu allen Fällen des Missbrauchs, die von der Unabhängigen Kommission zur Anerkennung des Leids behandelt wurden, den zuständigen Staatsanwaltschaften vorgelegt werden müssen. Das gelte auch für alle neu bekannt werdenden Fälle, auch solche, die im Rahmen von wissenschaftlichen Studien ans Licht kämen. "Dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz liegen keine Erkenntnisse vor, dass dies bislang nicht eingehalten wurde", heißt es in der Stellungnahme.

Die Generalstaatsanwaltschaft habe auch schon vor der Veröffentlichung der ForuM-Studie dem Landeskirchenamt mitgeteilt, dass sie eine Liste der an die Forscher gemeldeten Fälle benötige. Nach der Veröffentlichung und Prüfung der Studie am 19. Januar erinnerte die Generalstaatsanwaltschaft das Landeskirchenamt erneut schriftlich daran, entsprechende Listen und Daten zu allen Verdachtsfällen seit 1975 vorzulegen. "Die Generalstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass diese Fälle bereits entsprechend der Vereinbarung von 2019 den Staatsanwaltschaften gemeldet wurden", heißt es in dem Schreiben an den BR.

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