Zug der Landshuter Hochzeit in der Altstadt 1937
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Beim Zug der Landshuter Hochzeit durch die Altstadt hängen Hakenkreuzfahnen an den Häusern.

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Festspiele unterm Hakenkreuz: Die Landshuter Hochzeit im NS

Wie umgehen mit der Zeit des Nationalsozialismus? Dieser Frage stellt sich der Verein der Landshuter Hochzeit in einem neuen Forschungsprojekt. Jetzt hat er die ersten Ergebnisse präsentiert. Nicht alle sind eindeutig.

Über dieses Thema berichtet: Stadt Land Leute am .

Das Interesse an diesem Thema ist groß, das wird gleich zu Beginn der Veranstaltung im Landshuter Zeughaus klar: Der Saal ist voll. Kein Wunder, denn bereits vor ein paar Jahren hatte sich der Verein mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen müssen und sich damals von seinem Mitbegründer Georg Tippel distanziert – einem bekennenden Nationalsozialisten. Nun folgt die umfangreichere Aufarbeitung – zunächst auf Basis von über 3000 Dokumenten des Vereinsarchivs.

Landshuter Hochzeit betreibt aktiv die Gleichschaltung

Die bisherigen Ergebnisse scheinen zunächst eindeutig: Der Verein hat nicht nur den Nationalsozialismus durchlebt, sondern die Gleichschaltung der Nationalsozialisten sogar aktiv betrieben. Unmittelbar nach der Machtübernahme 1933 ändert er in Eigeninitiative seine Satzung. Juden sind fortan vom Verein ausgeschlossen. Und nicht nur das. Im Laufe der Zeit ändert sich auch die Gestalt der Landshuter Hochzeit selbst. Der Festzug 1934 wird von der SS begleitet, an den Häusern hängen Hakenkreuzfahnen und ein paar Jahre später wird ein neues Festspiel geschrieben, das mit den Worten endet: "Heil Bayern Landshut! Heil dem Herzog! Heil dem Reich!"

Weniger Hakenkreuzfahnen als zu der Zeit üblich

Doch ganz so eindeutig zeichnet sich das Bild bei genauerem Hinsehen nicht. Auch wenn etwa Hakenkreuzfahnen an den Häusern hängen, so sind es bei weitem nicht so viele, wie es bei solchen Festen üblich gewesen wäre. Auf einem Bild lässt sich erkennen: Die untere Altstadt bleibt sogar völlig frei davon.

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In der unteren Altstadt hängen 1937 entgegen der Forderungen der Nationalsozialisten keine Hakenkreuzfahnen an den Häusern.

"Sehr auffällig" bezeichnet Benedikt Schramm, Beirat des Vereins und Historiker, diese Tatsache. Denn zuvor war der Verein schriftlich dazu aufgerufen worden, die Stadt einzig und allein mit Fahnen des Deutschen Reiches zu behängen. "Es steht im Raum, dass man das gemacht hat, um das Fest nicht vollständig zu einem nationalsozialistischen Fest zu machen", so Schramm. Doch zum jetzigen Zeitpunkt der Forschung sei das reine Spekulation, betont er. So ist etwa auch Bernhard Löffler, Professor für bayerische Landesgeschichte an der Universität Regensburg und Direktor des Zentrums Erinnerungskultur, der Ansicht, dass der Verein damit möglicherweise nur das Ziel verfolgt hat, nach wie vor möglichst historisch authentisch zu bleiben. "Der Grad der Anpassung war bestimmt nicht weniger, nur weil weniger Fahnen hingen", so Löffler.

Plakat zur Landshuter Hochzeit zweideutig

Aber nicht nur in der Altstadt, sondern auch auf einem Plakat von 1937 fehlt das typische Hakenkreuz. Das Bild scheint sogar so unverfänglich, dass es bei der ersten Landshuter Hochzeit nach Ende des Zweiten Weltkrieges 1950 wiederverwendet wird – allerdings wahrscheinlich eher aus Geldnot. Dennoch weist es durchaus auch eine gewisse Stilistik des Nationalsozialismus auf. Etwa durch die Schriftart und die explizit kantigen Gesichter. Eindeutig deuten lässt es sich ohne Einblick in die damaligen Diskussionen bisher nicht.

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Das Plakat zur Landshuter Hochzeit 1937 weist zwar eine Stilistik des Nationalsozialismus auf, aber auch hier fehlt das Hakenkreuz.

Rechtsanwalt tritt vorsichtig für Juden ein

Offenen Widerstand gibt es bei der Landshuter Hochzeit allerdings kaum. Nur ein Rechtsanwalt, der den Verein eigentlich hinsichtlich der Änderung der Satzung und des Ausschlusses von Juden berät, schreibt: "Nachdem aber meines Wissens einzelne Juden gerade um die Landshuter Hochzeit manches Verdienstes sich rühmen können, ist es wohl zu überlegen, diese Einschränkung vorzunehmen." Für Benedikt Schramm ist das ein wichtiges Schreiben: "Das ist fast schon ein bewegendes Zeugnis, weil man hier einen Versuch wahrnimmt, zumindest einen Satz dagegen zu sagen." Dieser Brief ist laut ihm allerdings auch das einzige Dokument, das sich in dieser Richtung finden lässt.

Weitere Forschung durch unabhängige Stelle

Umso wichtiger ist die jetzige Aufarbeitung. "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um da auch die Hand zu heben und zu sagen: Leute, erinnert euch, wie das damals war", so Stefan Feigel, erster Vorsitzender der Förderer. Dazu befasst sich zusätzlich zu den Forschungen des Vereins jetzt auch das Zentrum Erinnerungskultur als unabhängige Einrichtung mit dem Thema und will die Geschichte der Landshuter Hochzeit von 1920 bis 1960 vollständig aufarbeiten.

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