SKF Schweinfurt.
Bildrechte: BR/Markus Konvalin

SKF Schweinfurt.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Vor 30 Jahren: Massenentlassungen in Schweinfurter Großindustrie

Das Jahr 1993 war in der Stadt mit rund 50.000 Einwohnern von vielen Protestveranstaltungen gegen Arbeitsplatzabbau geprägt. Tausende Menschen gingen auf die Straße. Am Ende verloren dennoch rund 12.000 Menschen ihre Arbeitsplätze.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

1993 lag die Arbeitslosenquote in Schweinfurt bei zwölf Prozent. Es war eine der höchsten im gesamten Bundesgebiet. Am 23. September 1993 bildeten 15.000 Menschen unter dem Motto "Netz der Solidarität" eine kilometerlange Menschenkette von den betroffenen Betrieben zum Arbeitsamt. Im Oktober 1993 liefen 42 Leute in acht Tagen bei einem Protest-Fußmarsch von Schweinfurt ins 315 Kilometer entfernte Bonn, um auf die massive Arbeitslosigkeit in der Region aufmerksam zu machen.

Problem: Monostruktur – Ursachen für die Krise

Die meisten Stellen waren beim Wälzlagerproduzenten FAG Kugelfischer gestrichen worden. Das Unternehmen hatte unter anderem nach Fehlinvestitionen 2,2 Milliarden DM Schulden. Die Banken verlangten wegen drohender Zahlungsunfähigkeit umfassende Umstrukturierungen. Der Vorstand wickelte daraufhin ostdeutsche Standorte ab. Unternehmensteile wie FTE in Ebern oder der Standort Maroldsweisach wurden verkauft.

Erste Proteste mit tausenden Teilnehmern begannen schon im Februar 1993.

Binnen kürzester Zeit wurde Schweinfurt zur westdeutschen Krisenregion Nummer Eins. Dem Schweinfurter Arbeitsamt wuchs die Arbeit über den Kopf, Schuldnerberater hatten Hochkonjunktur. Immer wieder kam es zu Großdemos und Mahnwachen.

Politik reagierte auf Arbeitslosigkeit

Um zusätzliche Arbeitsplätze in Schweinfurt zu schaffen, rannte die damalige Oberbürgermeisterin Gudrun Grieser (CSU) schon im Vorjahr unter anderem der bayerischen Staatsregierung bei regelmäßigen Besuchen in München quasi die Türen ein. Ende März 1992 beschloss die Bayerische Staatsregierung eine umfangreiche Behördenverlagerung von München in strukturschwache Gebiete Bayerns. Erste Maßnahme für Schweinfurt: Das "Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung" sollte eine Außenstelle in der Industriestadt bekommen. Heute beschäftigt die Behörde hier rund 200 Menschen.

Kunst nach Schweinfurt

Vor 23 Jahren, am 23. September 2000 wurde das "Museum Georg Schäfer" in Schweinfurt eröffnet. Auch eine Strukturmaßnahme der bayerischen Staatsregierung. Rund 28 Millionen DM investierte der Freistaat in den quaderförmigen Museumsbau. Unterhalts- und Personalkosten muss seitdem die Stadt Schweinfurt tragen.

Das Museum beherbergt die weltweit umfangreichste und qualitativ bedeutendste Privatsammlung deutscher Malerei des 19. und frühen 20. Jahrhunderts mit Meisterwerken von Caspar David Friedrich, Carl Spitzweg, Max Slevogt, Lovis Corinth oder Max Liebermann. Der Schweinfurter Großindustrielle Georg Schäfer – ehemaliger Chef und Miteigentümer des Kugellagerkonzerns FAG Kugelfischer – sammelte zu Lebzeiten Gemälde der deutschen Romantik und des Realismus. Rund 900 Gemälde und etwa 3.500 Zeichnungen der deutschen Romantik und des Realismus umfasst die Sammlung Dr. Georg Schäfer. In den 23 Jahren wurden fast eine Million Besucher gezählt.

Entstanden ist das "Museum Georg Schäfer" quasi auf einer Bauruine. Ursprünglich war hier nämlich ein Parkhaus geplant. Das ist aber bis auf die Parkflächen unter der Erde und einen ersten Stock nie fertig geworden.

Filiale des Landessozialgerichts

Vor 28 Jahren wurde in Schweinfurt auch eine Außenstelle des "Bayerischen Landessozialgerichts" geschaffen. Elf Richter entscheiden seitdem hier über Berufungsverfahren bei Renten-, Unfall- oder Sozialgerichtssachen. Gemeinsam mit 13 Sachbearbeitern decken sie etwa 20 Prozent der bayernweiten Entscheidungen des Landessozialgerichts ab.

Finanzamt München mit Außenstelle in Schweinfurt

2020 entschied die Bayerische Staatsregierung in Schweinfurt eine Außenstelle des Finanzamts München zu installieren. Der erste Spatenstich für einen Gebäudeneubau wurde im April gesetzt. Bis 2030 sollen hier 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Steuerklärungen von selbständigen und gewerbetreibenden Leuten aus München bearbeiten. Die Bearbeitungsstelle ist organisatorisch an das Finanzamt München angebunden.

Die wirtschaftliche Situation in der Großindustrie aktuell

Das Wälzlagerunternehmen SKF will an seinem Standort Schweinfurt mit im Augenblick knapp über 4.000 Mitarbeitern im Bereich Großlagerproduktion für Windkraftanlagen rund 300 Stellen abbauen. Der erste Bevollmächtigte der IG Metall in Schweinfurt, Thomas Höhn, formulierte im August die Prognose, dass mittelfristig beim Automobilzulieferer ZF bis zu 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weniger beschäftigt werden könnten. Das Unternehmen beschäftigt in Schweinfurt aktuell rund 9.000 Mitarbeiter.

Die Arbeitslosenquote in Schweinfurt: Mit 6,5 Prozent ist sie aktuell so hoch wie in Aschaffenburg. Nur in Coburg ist die Arbeitslosenquote bayernweit mit 6,7 Prozent noch höher.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!