Baufahrzeuge in einem Neubaugebiet.
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Spaenle: Straße nach SA-Mann benennen "unnötig für Allersberg"

Der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle, hat den Markt Allersberg im Landkreis Roth wegen ihres Umgangs mit der umstrittenen Burkhardt-Straße scharf kritisiert. Wilhelm Burkhardt war in der NS-Zeit bei der SA.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Seit bekannt ist, dass der ehemalige Allersberger Bürgermeister Wilhelm Burkhardt kurzzeitig SA-Mitglied war, kochen die Emotionen in dem mittelfränkischen Ort im Landkreis Roth hoch. Denn nach ihm wurde eine Straße in einem Neubaugebiet benannt. Burkhardt habe sich nach dem Zweiten Weltkrieg in schlimmsten Notzeiten um Allersberg verdient gemacht, sagen die einen. Eine Straße nach einem SA-Mitglied benennen geht gar nicht, sagen die anderen. Zu ihnen gehört auch der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle (CSU).

Spaenle: "Ganz schlechtes Beispiel"

Auf Facebook bezeichnete Spaenle den Vorgang als "unnötig für Allersberg". Eine neu angelegte Straße nach einem SA-Mann zu benennen, sei weder begründbar noch sinnvoll, schrieb er. "Ich halte das wirklich für ein ganz, ganz schlechtes Beispiel", so Spaenle im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.

SA steht für Sturmabteilung. Sie war die paramilitärische Kampforganisation der NSDAP. Beim Aufstieg der Nationalsozialisten in der Weimarer Republik spielte die SA als Ordnertruppe eine entscheidende Rolle, indem sie Versammlungen von politischen Gegnern stürmte und behinderte und eigene Veranstaltungen abschirmte.

Spaenle warnt: Darf nicht Schule machen

Die Marktgemeinde Allersberg hatte eine Straße in einem Neubaugebiet ohne genaue Prüfung der Biografie nach Nachkriegsbürgermeister Wilhelm Burkhardt benannt. Er war nach dem Krieg von den US-Amerikanern als Bürgermeister eingesetzt worden und hatte das Amt rund ein halbes Jahr inne. Dass Burkhardt mehrere Wochen Mitglied der SA war, wurde erst nachträglich bekannt. "Wer Mitglied in einer der übelsten NS-Organisationen gewesen sei, kann heute nicht mehr gewürdigt werden", so Spaenle. Er könne nur warnen, dass das Beispiel Schule mache.

Straßenname wird nach Gemeinderatsbeschluss beibehalten

Der Allersberger Gemeinderat beschloss am späten Montagabend, den Straßennamen vorerst beizubehalten. Die Gemeinde will einen Historiker mit einem umfangreichen Gutachten beauftragen. Derzeit laufen dazu die Vorarbeiten. Spaenle sagte, die Äußerungen von Bürgerinnen und Bürgern hätten ihn regelrecht alarmiert.

Entscheidung spaltet Allersberger Bevölkerung

Nach der Gemeinderatssitzung hatten sich Bürgerinnen und Bürger zu der Straßenbenennung im BR-Interview geäußert. Die Äußerungen zeigen, wie sehr das Thema polarisiert: Während die einen der Meinung sind, eine Wilhelm-Burkhardt-Straße sei aufgrund der Unterlagen nicht tragbar und ein Allersberger sogar von "Fremdschämen" sprach, weil immer mehr rauskäme über Burkhardt und sagte: "Ich schäme mich ein Mitglied der Gemeinde zu sein", verteidigten andere den Straßennamen.

Eine Allersbergerin begründet ihr Pro für die Wilhelm-Burkhardt-Straße so: "Ich finde es nicht richtig, dass man von Vornherein sagt: 'Der war da Mitglied und deshalb ist er einfach unwürdig'. Das finde ich nicht in Ordnung."

Spaenle über Relativierungen und Verdrängung beunruhigt

Eine andere Allersbergerin meint, sie möge nicht sagen, was sie damals gemacht hätte und fügt an: "Wenn ich meiner Familie, wenn ich meinen Bekannten, meinen Freunden, wenn ich denen ein bisschen helfen kann, dann hätte ich doch auch eventuell so getan – wer sagt denn, dass es nicht so war?" Solche Aussagen, dass Burkhardt möglicherweise nur zum Schein in der SA gewesen sei, beunruhigen den Antisemitismusbeauftragten. "Es kommen hier uralte Verhaltensmuster von Relativierungen, Halbwahrheiten und Verdrängung wieder zum Vorschein", so Spaenle.

Es könne sein, dass Burkhardt in seiner Amtszeit die richtigen Dinge getan habe, so der Antisemitismusbeauftragte. "Das ändert aber nichts an dem fatalen Signal." Die Stadt Allersberg habe solche Schlagzeilen nicht verdient.

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