ARCHIVFOTO: Markus SOEDER (Ministerpraesident Bayern und CSU Vorsitzender),mit Hubert AIWANGER (Freie Waehler,Wirtschaftsminister Bayern,li) (23.02.2023)
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"Schlimmer als die Kesselflicker": Zwischen CSU und Freien Wählern gibt es immer wieder Differenzen

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"Knatsch-Koalition": Opposition beklagt Zoff zwischen CSU und FW

Religionsunterricht, Faxgeräte, Windkraft: Zuletzt trug die Staatsregierung mehrere Differenzen öffentlich aus. Damit muss laut Opposition Schluss sein. CSU und Freie Wähler verteidigen ihr Handeln - doch es gibt schon die nächste interne Stichelei.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Gleich eine gute Handvoll Mitglieder der bayerischen Staatsregierung lagen zuletzt öffentlich über Kreuz: Als sich Kultusministerin Anna Stolz (FW) offen dafür zeigte, den Umfang von Religionsunterricht an Grundschule zugunsten von Deutsch und Mathe zu flexibilisieren, räumte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Vorschlag unmissverständlich ab ("Bei Religion wird nicht gekürzt") und bezeichnete Stolz' Aussagen als "Missverständnis".

Bürgerbegehren gegen Windpark sorgt für Zoff in der Koalition

Digitalminister Fabian Mehring (FW) und Finanzminister Albert Füracker (CSU) stritten sich über die Zukunft von Faxgeräten. Und nun der Bürgerentscheid gegen die geplanten Windräder in der Gemeinde Mehring im Kreis Altötting: Danach schoben sich Energieminister Hubert Aiwanger (FW) und die bis vor Kurzem für die Staatsforsten zuständige Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) gegenseitig die Verantwortung zu, dass man die Menschen vor Ort nicht von dem Windpark überzeugen konnte.

Freie-Wähler-Chef Aiwanger musste sich nach dem Nein der Mehringer Bürger harsche Kritik aus den Reihen seines Koalitionspartners anhören: Der stellvertretende Ministerpräsident habe sich "nicht genügend" für das Projekt eingesetzt "und einen Termin mit der Bürgerinitiative abgesagt, um stattdessen an fünf Demonstrationen teilzunehmen", sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber.

SPD verlangt mehr Wohnungen und Windkraft statt "Streit und Kompetenzgerangel"

Am Mittwoch brachte die SPD-Fraktion einen Dringlichkeitsantrag in den Landtag ein. Titel: "100 Tage schwarz-orange Knatsch-Koalition: Freistaat jetzt voranbringen!" Darin forderten die Sozialdemokraten die Staatsregierung auf, konstruktiv zu arbeiten und den Freistaat voranzubringen. "Streit und Kompetenzgerangel müssen aufhören", sagte SPD-Fraktionschef Florian von Brunn und verlangte von der Koalition, Wohnraum, Ganztagesbetreuung und Windkraft massiv auszubauen.

Mit Blick auf die vielen Auftritte von Aiwanger bei den Bauern-Protesten sagte von Brunn: "Wir brauchen keinen Wirtschaftsminister, der jeden Tag Demos besucht. Schon gar keinen, wenn er für das Thema nicht einmal zuständig ist."

CSU und Freie Wähler verweisen auf Streit in der Ampel

CSU-Politikerin Kerstin Schreyer verteidigte unterschiedliche Ansichten zwischen den Koalitionären: "Ich bin der Auffassung, dass es gut ist, wenn zwei Parteien um das Beste ringen." In Bayern liefen die Dinge anders als in Berlin. "Bei uns funktioniert wenigstens - im Gegensatz zur Ampel -, dass man sich danach dann einigt."

Martin Behringer von den Freien Wählern sagte: "Natürlich gibt es zwischen Koalitionspartnern hin und wieder unterschiedliche Meinungen." Allerdings habe die Staatsregierung vergangene Woche "in großer Einmütigkeit" einen verfassungsmäßigen Haushaltsentwurf beschlossen - SPD, Grüne und FDP seien an dieser Aufgabe gescheitert.

Grüne: "Wenn sie so weitermachen wie in den ersten 100 Tagen..."

"Nur weil es einen Entwurf der Staatsregierung gibt, gibt's noch keinen gültigen Haushalt", entgegnete Johannes Becher von den Grünen. Der Entwurf sei dem Landtag noch nicht einmal offiziell zugestellt. Frische Ideen und Innovationen gebe es im Koalitionsvertrag kaum, so Becher, zudem seien "Risse" zwischen CSU und Freien Wählern deutlich erkennbar: "Wenn Sie so weitermachen wie in den ersten 100 Tagen, dann werden Sie nicht mal das Wenige schaffen, das Sie sich vorgenommen haben."

Die AfD teilte in alle Richtungen aus: Dass die Staatsregierung zuletzt "eine ziemlich peinliche Performance hat, ist offensichtlich", sagte Andreas Winhart. Allerdings frage er sich mit Blick auf die bayerische SPD-Fraktion: "Kam dieser Antrag eigentlich aus Ihren Reihen, oder wurde er Ihnen aus Berlin zugefaxt, um von der Ampel abzulenken?"

FW-Abgeordneter Lausch stichelt gegen Söder

Zwar wurde das Ansinnen der SPD mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der AfD abgelehnt: Wer jedoch dachte, dass sich die Reihen von CSU und Freien Wählern mit Blick auf den Dringlichkeitsantrag erst einmal vollends schließen würden, sah sich getäuscht. Als Josef Lausch (FW) zu einem anderen Tagesordnungspunkt ans Rednerpult trat, wählte er für die obligatorische Begrüßung die Worte: "Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Ministerpräsident – ist nicht anwesend –, sehr geehrter stellvertretender Ministerpräsident, der übrigens bislang im Jahr 2024 in jeder Landtagssitzung anwesend war."

Teile der Opposition waren hörbar amüsiert – über Söders Fehlzeiten im Parlament gab es in der Vergangenheit mehrfach Debatten. "Da brauchen Sie nicht lachen, Herr von Brunn", fuhr Lausch fort. Reaktion des SPD-Fraktionschefs aus dem Plenum: "Ich glaube, ich habe den Seitenhieb schon verstanden." Antwort Lausch: "Schön, hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut."

Im späteren Verlauf der Debatte erschien Söder dann doch noch im Parlament und nahm für eine Zeit lang auf der Regierungsbank Platz. Das Wort ergriff der Ministerpräsident an diesem Mittwochnachmittag allerdings nicht mehr.

Im Video: Heftige Debatte um Windkraft im Landtag

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