Hans Göding vom Lehr- und Beispielsbetrieb des Bezirks Niederbayern in Deutenkofen bei Landshut zeigt schadhaftes Obst.
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Hans Göding vom Lehr- und Beispielsbetrieb des Bezirks Niederbayern in Deutenkofen bei Landshut zeigt schadhaftes Obst.

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Abschied von James Grieve & Cox Orange? Hitze stresst Obstbäume

In Bayern hat die Obsternte begonnen. Manche Obstbauern berichten von 50 Prozent Ernteeinbußen im Vergleich zum Vorjahr. Obstbäumen macht der Klimawandel zu schaffen. In Niederbayern werden neue Sorten und Solarmodule über Plantagen getestet.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Rund 300 Obstbäume haben Johannes und Markus Wenninger in idyllischer Lage über dem niederbayerischen Isartal in Thürnthenning bei Dingolfing. Der Blick in die Baumkronen aber verheißt nichts Gutes. Manche Bäume tragen keinen einzigen Apfel, andere nur wenige. Das nasskalte Frühjahr und der trockene Sommer 2023 mit Hitzerekorden haben den alten Obstbäumen zugesetzt. "Wenn man in die Kronen schaut - und wir stehen am Anfang der Ernte - dann sieht man, dass nichts oben hängt beziehungswiese nur minimaler Bestand da ist, den wir heuer verwerten können," sagt Markus Wenninger.

Obstpresse steht still - Keine Lieferung aus Privatgärten

Auf dem Biobetrieb in Niederbayern betreiben sie auch eine Kelterei, in der sie die eigenen, aber auch angelieferte Äpfel und Birnen im Lohnverfahren für Kunden zu Säften verarbeiten. Doch die Obstpresse steht still. Weil auch aus den Privatgärten kaum Obst angeliefert wird, musste der erste Termin zum Pressen von Obst ganz abgesagt werden. "Am zweiten und dritten Termin haben wir dann 300 bis 500 Liter Tagesleistung gefahren. Was eigentlich unserer Stundenleistung entspricht", erklärt Johannes Wenninger, zuständig für die Obstpresse.

Auswirkungen des Klimawandels deutlich spürbar

Auch auf einer der größten Obstplantagen Südbayerns, im Lehr- und Beispielsbetrieb des Bezirks Niederbayern in Deutenkofen bei Landshut, kämpfen sie mit dem Klimawandel.

Betriebsleiter Hans Göding, der sich seit Jahren auf der 20 Hektar großen Plantage mit den Auswirkungen des Klimawandels auf den heimischen Obstanbau beschäftigt, präsentiert uns auf der Plantage Äpfel mit Sonnenbrand. "Hier ist das Fruchtfleisch im wahrsten Sinn des Wortes verbrannt" erklärt der Fachmann an Äpfeln, deren Oberfläche dunkle Flecken haben und die dort zu faulen beginnen. "Durch Einwirkung von mindestens 42 Grad über mehrere Stunden werden Eiweiße im Fruchtfleisch zerstört, und dieser Schaden ist nicht mehr reparabel", erklärt der Experte.

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Ein Apfel mit typischem "Sonnenbrand". Hier ist das Fruchtfleisch im wahrsten Sinn des Wortes verbrannt, erklärt der Experte

Bäume werfen Früchte aus Selbstschutz früher ab

Andere Bäume haben wegen der Hitze und Trockenheit aus Selbstschutz das Obst schon frühzeitig als unbrauchbare kleine Früchte abgeworfen – um sozusagen Energie für den Selbsterhalt zu sparen. Manche Apfelbäume kommen mit dem sich verändernden Klima nicht zurecht. Für sie ist es zu trocken, zu heiß oder auch zu stürmisch. Beliebte alte Sorten wie James Grieve oder Cox Orange dürften bei uns wegen der klimatischen Veränderungen keine große Zukunft mehr haben, glaubt der Experte.

Viele Sorten kommen mit Wetterveränderungen nicht zurecht

Hier in dem Versuchsbetrieb aber gibt es erste Erfolge mit neuen Sorten, deren Bäume besser mit extremer Hitze und Trockenheit zurechtkommen und auch heuer ordentliche Erträge liefern: Aber das Problem ist, so Betriebsleiter Hans Göding: "Viele Auswirkungen des Klimawandels werden uns einfach überholen. Das heißt: Die Sorte, die heute marktfertig ist und die vom Kleingartenbesitzer gekauft werden kann, die kommt mit den jüngsten Veränderungen und Dramatisierungen des Wettergeschehens möglicherweise nicht mehr zurecht."

Photovoltaikanlagen als Schutz vor zu viel Sonne und Hagel

Deshalb gehen sie in Deutenkofen jetzt einen ganz neuen Weg. Hier entsteht eine der ersten Agri-PV-Anlagen für Obstbäume. Die ersten Stahlträger dafür sind bereits in den Boden gerammt. Die lichtdurchlässigen PV-Module, die hier in den nächsten Wochen installiert werden, sollen Strom liefern, sagt Göding: "Und drunter sind die Bäume, die aber zumindest vor Hagel und Starkregen geschützt sind und vielleicht auch ein paar Grad kühler darunter gedeihen können."

So könnten auch kostbare Flächen besser genutzt werden, sagt der Experte. Die Agri-PV-Anlage über Obstbäumen soll bereits bald in Betrieb gehen. Bis es belastbare Ergebnisse gibt, wie sich das auf die Obstplantage auswirkt, wird es allerdings Jahre dauern.

Im Video: Obsternte fällt in Privatgärten eher schlecht aus

Die ersten Stahlträger für eine Photovoltaikanlage sind bereits in den Boden gerammt. Die lichtdurchlässigen PV-Module sollen Strom liefern und die Bäume schützen.
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Hier entsteht eine der ersten Agri-PV-Anlagen für Obstbäume. Unter den Solarmodulen sollen die Obstbäume Schutz finden.

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