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Steigerwald Erbitterter Kampf um Nationalpark

Menschen, die sich schon lange für einen Nationalpark Steigerwald einsetzen, haben den "Verein Nationalpark Nordsteigerwald" gegründet. Ihr Ziel: die Buchenbestände schützen und mit Aufklärungsarbeit alte Ängste abbauen.

Von: Bettina Dietrich

Stand: 28.07.2014 | Archiv

Seit langem schon engagieren sie sich für einen Nationalpark: der Jäger Helmut Weilbach, der Bildhauer Manfred Reinhart und der Polizist Benedikt Schmitt. Sie wohnen mitten im nördlichen Steigerwald und sind in der Region verwurzelt.

Sie verbindet ein gemeinsames Ziel: Sie wollen endlich den Nationalpark - wie fast zwei Drittel aller Anwohner. Und so handeln sie auch: Sie gründen den Verein "Nationalpark Nordsteigerwald", haben schon Flyer und eine eigene Website.

Die Gründungssitzung - ein voller Erfolg

Ende Juni 2014 ist es soweit: Gründungssitzung im Gasthaus Michel in Untersteinbach. Mehr als 150 Menschen aus dem ganzen Steigerwald kommen, um dem Verein beizutreten, bekennen sich offen als Nationalparkbefürworter. Benedikt Schmitt kommentiert den Abend:

"Für viele Leute war das wirklich ein Befreiungsschlag. Die Leute haben sich bei der Gründungsveranstaltung teilweise umarmt. Da war eine Euphorie da. Das habe ich so persönlich noch nie vorher erlebt."

Benedikt Schmitt

In der Region hat er oft eine Atmosphäre der Einschüchterung durch die Nationalparkgegner erlebt.

Einsatz im Wald

Die Gründungsmitglieder Benedikt Schmitt und Helmut Weilbach sind in ihrer Freizeit oft im Wald unterwegs. In letzter Zeit sind sie häufig für den Verein im Einsatz. Sie wissen, wie schützenswert die Buchenbestände sind. Trotzdem fallen immer wieder uralte Bäume der Kreissäge zum Opfer.

Im Wald bei Ebrach finden sie zwei gefällte Baumriesen. Ihr Holz kann teuer verkauft werden. Eine Buche ist fast 200 Jahre alt geworden. Und gerade von solchen Bäumen hängt das Überleben zahlreicher Arten ab. Denn unter den mächtigen Kronen der uralten Bäume befindet sich die Heimat für eine große Waldgesellschaft. 7.000 Tier- und Pflanzenarten beherbergt der alte Buchenbestand. Benedikt Schmitt dokumentiert die gefällten Stämme mit seinem Fotoapparat. Gründungsmitglied Helmut Weilbach ist entsetzt:

"Wenn wir diese Buchen genau anschauen, wenn wir ihren Durchmesser betrachten, wenn wir die Jahresringe betrachten und das wunderschöne Kernholz: Das sind gesunde Bäume, die noch viele, viele Jahre, wenn nicht Jahrhunderte überleben könnten im Wald, wenn sie die Staatsforsten nicht entnommen hätten. Das sind Bäume, die man als Todsünde bezeichnen kann, wenn man die heute schon fällt."

Helmut Weilbach 

Viele Nationalparkgegner arbeiten in der Holzwirtschaft

Viele Menschen in der Region arbeiten in der Holzwirtschaft.

Ganz anderer Ansicht sind die Gegner des Nationalparks. Viele arbeiten in der Holzwirtschaft und sind vom Wald abhängig - so wie die Familie Jäger in Wustviel. Juniorchef Tobias Jäger befürchtet finanzielle Einbußen durch die Gründung eines  Nationalparks.

"Dadurch, dass wir kurze Wege haben, die dann beim Anliefern für geringe Kosten sorgen, können wir mit den großen Sägewerken mithalten, haben dadurch auch einen Wettbewerbsvorteil."

Tobias Jäger

Familie Jäger bezieht zwei Drittel ihres Holzes aus Privat- und Kommunalwäldern. Und die stehen auch dann unbegrenzt zur Verfügung, wenn der Nationalpark kommt. Denn der soll nur auf staatlichen Flächen entstehen. Die Angst ist trotzdem da. Ex-Bürgermeister Ebert weiß: Es gibt noch mehr Befürchtungen in der Region:

"Die Brennholznutzung hat bei uns eine lange Tradition, jeder heizt mit Brennholz. Wenn weniger Brennholz da ist, dann kann man das nicht mehr machen, wir können das auch nicht ausgleichen durch die Kommunalwälder, es geht einfach nicht. Die Leute müssten sich umstellen auf Öl oder auf etwas anderes, was mit Sicherheit nicht sinnvoll wäre."

Ex-Bürgermeister Ebert

Aufklärungsarbeit soll helfen, Ängste zu überwinden

Brennholzplatz Geusfeld: Hier lagert das Holz von Nationalparkbefürworter Benjamin Schmitt. Er heizt selbst mit Holz aus dem Steigerwald. Trotzdem hat er keine Angst vor Holzmangel. Denn gerade mal neun Prozent des gesamten Naturparks Steigerwald sollen Nationalpark werden. Die Probleme sieht er anderswo:

"Ich sehe das Problem darin, dass die bayerischen Staatsforsten immer mehr Brennholz an gewerbliche Abnehmer verkaufen,  dass immer weniger Holz für die Menschen von hier, vom Steigerwald, von der betroffenen Region übrigbleibt."

Benjamin Schmitt

Für den Erhalt solcher Baumriesen setzt sich der Verein ein.

Aufklärungsarbeit ist also gefragt. Die Vereinsmitglieder haben viel zu tun. Sie wollen alte Ängste abbauen. Und das funktioniert am besten durch sachliche Information. Sie plakatieren und verteilen Flyer in den umliegenden Ortschaften. Sie wissen, wofür sie kämpfen: für den Schutz der alten Buchenwälder im Nordsteigerwald.

Aktueller Stand Dezember 2014:

Die Staatsregierung will sich jetzt dafür einsetzen, dass der Steigerwald UNESCO-Weltnaturerbe wird. Ein Nationalpark ist dafür nicht notwendig, so die Staatsregierung. Umweltschützer sehen das anders: Für sie ist der Nationalpark nach wie vor die beste Lösung zum Schutz der ökologisch wertvollen Wälder. Ein Ende des Streits ist also lange noch nicht in Sicht ...

Weitere Informationen:

WWF Deutschland

Reinhardtstr. 18
10117 Berlin
Tel.: 030 / 311777-0


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